Versicherungswirtschaft - Auswirkungen des Klimawandels
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Das Klima ändert sich. Davon betroffen ist auch die Versicherungswirtschaft, denn die von Hochwasser, Sturm und Hagel verursachten Schäden sind oftmals versichert. Wenn also Extremereignisse mit dem Klimawandel zunehmen, ist das für Versicherungen von großer Bedeutung. In den vergangenen Jahrzehnten haben sowohl die Häufigkeit als auch die Anzahl der Schäden zugenommen. Die Vorhersagen der Klimaforscher lassen für den Zeitraum bis zum Jahr 2100 eine Fortsetzung dieses Trends erwarten. Sind Vermögenswerte heute höher versichert wie früher, steigt das Risikopotenzial für die Versicherungen noch weiter. Nehmen Trockenheit und Dürreperioden zu, steigen Produktionseinbußen in der Landwirtschaft. Bei zu hohem Schadenspotenzial ist eine Versicherbarkeit der Schäden generell in Frage gestellt.
Versicherungen errechnen die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schadensereignissen durch Betrachtung der Vergangenheit. Die Unsicherheiten zum Verlauf des Klimawandels in der Zukunft - es existieren viele verschiedene Szenarien - erschweren die Einschätzung zukünftiger Risiken für die Branche.
Die veränderte Gefährdungslage muß der Bevölkerung zusammen mit dem angepaßten Versicherungsbedarf vermittelt werden. Das ist bisher zu wenig im Bewußtsein verankert. Kunden zeigen bisher wenig Verständnis für Begrenzungen der Risikodeckung, für Selbstbeteiligung oder Schadenprävention.
Der Klimawandel bietet den Versicherern auch neue Absatzchancen, sowohl mit neuen Produkten (Gebäudeversicherungen mit Starkregenschutz und Rückstauschäden) als auch mit der Ausweitung der Geschäftsbereiche (zB um Risikoberatung)
Beispiele für mögliche Auswirkungen des Klimawandels
- Für Versicherer schadensträchtige Naturkatastrophen nehmen zu: Beispiele Sturm Lothar 1999, Sturm Jeanette 2002, Sturm Kyrill 2007, Sturm Emma / Kirsten 2008, Sturm Xynthia 2010. Hochwasser und Überschwemmungen Elbeflut 2002, Sachsenhochwasser 2010
- zunehmende Überschwemmungsschäden durch Starkregenereignisse weitab von Gewässern
- Anzahl der Gebäude nimmt zu, für die es keine wirtschaftlich sinnvolle Versicherungslösung gibt
- neue Versicherungsverträge mit zusätzlichem Schutz vor Naturgefahren bei Wohngebäudeversicherungen erforderlich (Elementarschadensversicherung)
Beispiele für mögliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel
- Datenverfügbarkeit, Modellierungen und Risikobewertungen verbessern, zB Geoinformationssystem ZÜRS
- Szenarienrechnungen bei der Risikobewertung berücksichtigen
- Neueinführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden, um Risikovermeidung und Schadensvorsorge bei Immobilienbesitzern zu fördern. Staatliche Transferzahlungen könnten dann reduziert werden
- Versicherungsprämien nach Risikoklassen staffeln
- Vorsorgemaßnahmen bei der Höhe der Versicherungsprämien berücksichtigen
- Haftungshöchstgrenzen festsetzen oder Rückversicherer mit einbeziehen um Staatshaftung zu vermeiden
- Informationskampagnen entwickeln, um Bevölkerung zu sensibilisieren (zB Kampagne in Bayern: "Voraus denken - elementar handeln")
- Häufige Prämien- und Policenanpassungen, um flexibel auf veränderte Anpassungsstrategien reagieren zu können
- Kunden bei Anpassung an den Klimawandel helfen durch neue Beratungsleistungen (Prävention)
- Prämienhöhe abhängig machen zB von der Gebäudestruktur oder dem Vorhandensein technischer Vorsorgemaßnahmen (Gebäudepaß / Hochwasserpaß)
- neue Produkte mit Klimabezug anbieten, zB Starkregenschutzversicherung, Rückstauschadensversicherung
- neue Produkte im Bereich erneuerbarer Energien anbieten, zB Versicherungen für Photovoltaik-, Solarthermie- oder Windkraftanlagen
- neue Produkte für den Ausfall von Anlagen und Infrastruktur, zB Ertragsausfälle von Kraftwerken
- Sensibilisierung der Bevölkerung zusammen mit anderen Akteuren wie zB Kommunen oder Hilfsorganisationen
- bei Extremwetterereignissen Handlungsempfehlungen an die Bevölkerung geben
- Warndienste und Risikopartnerschaften (zB Hochwasserpartnerschaften in Baden-Württemberg) unterstützen
- verstärkte Kooperation mit der Wissenschaft, um regionale Modelle der Vulnerabilität zu erarbeiten
- Kooperation mit den Kommunen bei der Erstellung von Gefahrenkarten und der Abschätzung von Risiko- und Schadenspotenzialen
Referenzen
[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU, Hrsg.): Dem Klimawandel begegnen / Die deutsche Anpassungsstrategie, 2009, Berlin
[2] Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel / Hintergrundpapier, o.O. u.J.
[3] Umweltbundesamt (Hrsg., 2011): Anpassung an den Klimawandel, Versicherungen, Themenblatt
[4] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., GDV (Hrsg., 2011): Herausforderung Klimawandel, Antworten und Forderungen der deutschen Versicherer, Berlin
Download hier: http://www.gdv.de/wp-content/uploads/2011/11/GDV-Klimabroschuere_2011.pdf