Regionalplanung / Raumplanung / Bauleitplanung - Auswirkungen des Klimawandels
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Der Klimawandel stellt für die räumliche Planung eine Herausforderung dar, und zwar von der kommunalen Ebene aufwärts, über die regionale Ebene bis zur Ebene eines Bundeslandes. Mit der Zunahme der Auswirkungen des Klimawandels nehmen räumliche Nutzungskonflikte zu. Eine frühzeitige Steuerung der Flächennutzung kann solche Konflikte verringern und Gefahren, Schadenspotenziale und Folgekosten mindern. Die langfristig angelegte räumliche Planung sollte die mit dem Klimawandel auftretenden Belastungen für den Menschen ebenso berücksichtigen wie die Auswirkungen auf die Biodiversität, auf Boden und Wasserhaushalt, auf Sach- und Kulturgüter, auf Gebiete für wirtschaftliche Nutzung und Schutzgebiete.
Planung soll
- energiesparende und verkehrsvermeidende Siedlungsstrukturen fördern (Innenentwicklung)
- Funktionen mischen und damit eine CO2-arme Mobilität ermöglichen
- Freiräume und Bauflächen so zuordnen, dass Luftaustauschbahnen und Kaltluftentstehungsflächen bestehen bleiben
- die Flächen und Standorte sichern, auf denen erneuerbare Energien wie Windkraft- und Fotovoltaikanlagen am besten genutzt werden können
- Anpassungsmaßnahmen z. B. beim Hochwasserschutz ermöglichen
Dabei können Zielkonflikte entstehen. Einerseits soll mit innerstädtischen Freiflächen und mit viel Grün in den Siedlungsbereichen einer Überhitzung entgegen gewirkt werden. Andererseits fordert der Klimaschutz zur Energieeinsparung verdichtete Baugebiete. Kompakte Siedlungen eignen sich wenig für die Schaffung von Rückhalteflächen für Starkregen und Hochwasser. Bäume, Dach- und Fassadenbegrünung mindern die innerstädtische Hitzebelastung, schränken aber ebenfalls die Nutzung von Solaranlagen ein. Hier gilt es abzuwägen und Kompromisse zu schließen oder noch besser: Bewertungskriterien und - methoden entwickeln.
Flächennutzungspläne beziehen sich derzeit 10 - 15 Jahre in die Zukunft, müßten aber wie die Klimaprojektionen bis zu 100 Jahren gelten. Weitere Defizite sind zB die mangelnde Koordination von Anpassungsmaßnahmen auf Landesebene, etwa beim Biotopverbund, oder die fehlende Berücksichtigung der Klimafolgenanpassung in rechtlichen Regelungen. Bei vielen Menschen ist das Bewußtsein für den Klimawandel nur mangelhaft ausgeprägt.
Um die regionale Betroffenheit durch den Klimawandel beurteilen zu können, müssen regionalisierte Planungsdaten verfügbar sein. Detaillierte Daten und Kenntnisse sind die Grundlage für Anpassungsmaßnahmen. Dazu gehört auch, die Vulnerabilität zu berücksichtigen, über Kreisgrenzen hinaus zu planen oder Klimafolgenanpassung überhaupt in die Planung einzubeziehen. Es ist empfehlenswert, die unterschiedlichen Akteure und Interessen einer Region an einen Tisch zu bringen und Anpassungsstrategien gemeinsam zu entwickeln. "Gemeinsam" schließt auch eine Beteiligung der Zivilgesellschaft ein.
Beispiele für Auswirkungen des Klimawandels
- Einschränkungen der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen durch Überschwemmungen, Sturzfluten, Murgänge, Berg- und Erdrutsche, Sturmfluten, tidebeeinflusste Hochwasser und Waldbrände
- Gefährdung von Baugebieten und baulichen Anlagen wegen zunehmender Hochwasserereignisse
- Verstärkung des Stadtklimaeffekts: steigende Temperaturen können Siedlungsgebiete insbesondere in Städten aufheizen (Wärmeinseln), was negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben kann
- Verschärfung der Konflikte zwischen dem Schutz wertvoller Flächen einerseits und verschiedener Nutzungsansprüche andererseits
Beispiele für mögliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel
Datenlage
- regionalisierte Klima- und Planungsdaten ermitteln und bereitstellen
- Zur Überprüfung der regionalen Klimaszenarien Monitoringflächen anlegen
- Erstellung von Vulnerabilitätsanalysen fördern um Bedrohungen aufzuzeigen
- Risikokarten bzw Gefahrenhinweiskarten erstellen
- Entwicklung von Anpassungsstrategien finanziell fördern
Juristerei
- UVP-Gesetze um Inhalte der Anpassung an die Klimafolgen ergänzen
Biodiversität
- Schaffung eines überregionalen Biotopverbundsystems
- in der Raumplanung Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft festsetzen
- klimarelevante Landschaftsbestandteile erhalten wie Moor, Grünland, Wald, Gewässer, Auen etc
Wasser
- Freihaltung hochwassergefährdeter Bereiche von Bebauung, ggf. Rückbau
- überschwemmungsgefährdete Gebiete schon im Regionalplan von der Nutzung als Siedlungs- oder Verkehrsfläche freihalten
- klare Ausweisung von Rückhalte- und Überflutungsflächen, damit die Wirkung von Extremniederschlägen abgemildert werden kann
- im Regionalplan Freiräume schützen für Frischluftaustausch, Hochwasserschutz und die Neubildung des Grundwassers. Solche Gebiete sollten von Bebauung freigehalten werden
- Insgesamt: Der Planungshorizont von 10 bis 15 Jahren sollte größer werden, denn Klimaprojektionen haben einen Zeithorizont von 50 bis 100 Jahren
- Regionalplanungsstellen mit sehr eingeschränkten Kapazitäten (Einpersonenämter) sollten sich mit benachbarten Planern vernetzen
- Kooperationen von Regionalplanern sind notwendig, da Klimawandel ganze Naturräume betrifft und nicht an administrativen Grenzen Halt macht
- Sicherung innerstädtischer Frischluftschneisen und Grünzüge
- flächensparende Siedlungs- und Infrastrukturen
- keine Zersiedelung, um nicht neue Schutzmaßnahmen zu begründen (z.B. im Küstenraum)
- hochwasserangepasste Bauweisen
- bei knappen Wasserressourcen im Sommer deren Nutzung einschränken
- Bodenentsiegelung, Schutz von Wasserressourcen bei der Flächennutzung
Küstenschutz
- im Regionalplan Flächen für Deichbau bzw Wasserrückhaltung freihalten
- bei weiterem Anstieg des Meeresspiegels sind voraussichtlich nicht alle Flächen durch Deiche zu schützen. Deshalb sollten im Regionalplan ggf. aufzugebende Flächen vermerkt werden
Hitze
- Förderung von „blue and green“, z.B. Dach- und Fassadenbegrünung, Straßenbäume, Straßenbegleitgrün, zusammenhängende Grünflächen, zusammenhängende Wasserflächen
- Freihaltung von Frisch- und Kaltluftschneisen
Energie
- Solarenergie vorsehen in strahlungsbegünstigten Lagen
Referenzen
[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU, Hrsg.): Dem Klimawandel begegnen / Die deutsche Anpassungsstrategie, 2009, Berlin
[2] Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel / Hintergrundpapier, o.O. u.J.
[3] Deutscher Städtetag (Hrsg., 2011): Klimagerechte und energieeffiziente Stadtentwicklung, Positionspapier der Fachkommission Stadtentwicklungsplanung
[4] Franck, Enke und Peithmann, Ortwin (2010): Regionalplanung und Klimaanpassung in Niedersachsen, E-Paper Nr. 9 der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover
[5] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg., 2010): Konferenzbericht / Klimawandel, Extremwetterereignisse und Gesundheit / Climate Change, Extreme Weather Events and Public Health, Bonn
[6] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und klimaschutz, Regierungskommission Klimaschutz (Hrsg., 2012): Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, Hannover