Landwirtschaft - Auswirkungen des Klimawandels
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Übersicht
Der Klimawandel mit steigenden Temperaturen und einer Verlagerung eines Teils der Niederschläge vom Sommer- in das Winterhalbjahr birgt für die Landwirtschaft sowohl Chancen als auch Risiken. Der Anbau neuer Kulturen wie Sojabohnen oder Sonnenblumen könnte möglich werden, Gemüsesorten wie Paprika, Auberginen oder Artischocken könnten im Freiland angebaut werden. Andere Pflanzen wie z.B. Zuckerrüben werden voraussichtlich Anbauflächen verlieren. Wetterextreme wie Hagel und Starkregen könnten zu mehr Ernteeinbußen führen.
Der Maisanbau dürfte vom Klimawandel profitieren, denn die Anbauflächen könnten sich weiter nach Norden und in höhere Lagen ausdehnen, ein Umstieg vom Silomaisanbau zum Körnermaisanbau sich lohnen. In Gebieten mit wenig Niederschlag könnte Wasser der limitierende Anbaufaktor werden.
Weizen dürfte bei höheren Temperaturen einen größeren Wasserbedarf haben. Mit steigendem CO2-Gehalt in der Luft steigt der Ertrag durch die höhere Photosyntheseleistung etwas an, dafür sinkt aber die Qualität. Beim Weizen zum Backen bestimmen jedoch hohe Eiweißgehalte den Preis, weniger die Ertragsmenge. Außerdem ist die Wasserversorgung wichtiger als der Düngungseffekt durch den höheren CO2-Gehalt. Bei Winterweizen ist mit niedrigeren Erträgen zu rechnen.
Bei Sonderkulturen ist bei höheren Temperaturen mit einem größerem Schädlingsbefall zu rechnen. Bei Äpfeln z.B. ist ein stärkeres Auftreten einer 2. Generation des Apfelwicklers zu erwarten. Wenn das Klima feuchter wird, ist ein vermehrter Pilzbefall mit z. B. Apfelschorf wahrscheinlich.
Im Weinbau könnte der Anbau von spätreifenden Rebsorten möglich werden. Wo heute Müller-Thurgau wächst, könnte schon bald Merlot gedeihen. Im feuchteren Klima könnte aber auch der Pilzdruck steigen, was Mehrkosten durch Pflanzenschutzmaßnahmen zur Folge hat. Durch weniger Frosttage dürften die durch Frost verursachten Ernteverluste sinken.
Die Landwirtschaft muss sich im Bereich der Pflanzenzüchtung, im Sortenspektrum, bei den Fruchtfolgen (Chance, diese mit nachwachsenden Rohstoffen aufzulockern und die biologische Vielfalt zu erhöhen), den Aussatterminen, der Düngung, der Bodenbearbeitung und im Pflanzenschutz an den Klimawandel anpassen. Auch Beregnung bzw. Bewässerung der Kulturen müssen optimiert werden und könnten in Trockenperioden mit anderen Nutzungsansprüchen kollidieren. Biobauern könnten bei höherem Befallsdruck durch Krankheiten und Schädlinge vom veränderten Klima besonders betroffen sein, denn sie dürfen keine chemischen Pflanzenschutzmittel einsetzen.
Auch in der Tierhaltung sind Anpassungsmaßnahmen erforderlich. Wenn es heiß ist, geben Kühe weniger Milch. Bereits bei 20 bis 25 Grad Celsius lässt ihre Milchleistung nach. Neue durch Vektoren übertragene Krankheiten könnten sich ausbreiten. Ein Beispiel ist die vor einigen Jahren erstmals in Deutschland aufgetretene Blauzungenkrankheit, eine Viruskrankheit bei Wiederkäuern.
Beispiele für mögliche Wirkungen des Klimawandels
- Anbaubedingungen für wärmeliebende Kulturen in eher kühl / feuchten Gebieten könnten sich verbessern / Maisanbau könnte auch in höheren Lagen möglich werden
- evtl. Anbau neuer Nutzpflanzenarten und -sorten möglich / spät reifende Rebsorten könnten bei uns wachsen
- bei einigen Nutzpflanzenarten sind Ertragszuwächse zu erwarten
- tendenzielle Verschlechterung der Anbaubedingungen in Bereichen mit zunehmender Trockenheit, Beregnungslandwirtschaft kann nicht ausgedehnt werden in Gegenden mit negativer Wasserbilanz wie dies seit einigen Jahren z. B. im Kreis Celle zu beobachten ist
- tendenziell nimmt die Ertragssicherheit wegen der erhöhten Klimavariabilität ab
- Verstärkung von Pflanzenschutzproblemen durch neue oder verstärkt auftretende Schadorganismen / Schädlinge können mehrmals jährlich auftreten / einige Pilzkrankheiten finden bessere Bedingungen vor
- bei eintretendem Hitze- bzw. Trockenstress kann sich die Produktivität - auch in der Tierproduktion - verringern / z.B. sind bei empfindlichen Kulturen wie Winterweizen Ertragseinbußen durch Hitze oder Trockenheit möglich
- vektorverbreitete Krankheiten könnten neu auftreten
- Die stärkste Erwärmung in Deutschland und damit eine hohe Anfälligkeit für den Landwirtschaftsbereich wird am Oberrhein in Südwestdeutschland erwartet, erhöhte Dürregefahr besteht für das nordostdeutsche Tiefland und das südostdeutsche Becken und Hügelland.
- Extreme Wettersituationen wie Spätfrost, Sturm, Hagel, Hitze können die Landwirtschaft zunehmend belasten.
- Im Obstbau können Spätfröste im Frühjahr zum Problem werden, starke Sonneneinstrahlung im Sommer kann zB bei Äpfeln Sonnenbrand verursachen.
- In der Tierhaltung muss mit neuen Tierseuchen gerechnet werden
- Milchvieh ist hitzeempfindlich, kann in Hitzeperioden Kreislaufprobleme bekommen, die Milchleistung sinkt ab
- Durch den starken Zuwachs des Anbaus von Biomasse zur Energieerzeugung verändern sich Agrarstruktur und Landschaft, in der Folge können Grundwasserstände sinken
Beispiele für mögliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel
- Aussaattermine verändern
- widerstandsfähige und standortgerechte Sorten anbauen, die klimatoleranter und weniger anfällig gegenüber Schadorganismen sind
- computergestützte Entscheidungshilfen und Prognosemodelle verbessern
- Pflanzenschutzmaßnahmen anpassen
- an den Klimawandel angepasste, robuste und gegen Krankheiten widerstandsfähige Sorten neu züchten
- Fruchtfolgen anpassen
- Pflanzenarten und -sorten anpassen / mehr Sommergerste - weniger Zuckerrüben in trockenen Gebieten
- auf großflächige Bodenbedeckung achten
- auf Überschwemmungsflächen erosionsmindernde und überschwemmungstolerante Pflanzenarten anbauen
- konservierende und wassersparende Bewirtschaftungsformen wählen
- Pflanzen bedarfsgerecht düngen
- Bewässerung und Entwässerung der Flächen anpassen
- Vorsorgefristen beachten (betragen 3 - 5 Jahre, je nachdem, ob nur auf ökologische Landwirtschaft umgestellt werden soll oder auch bauliche Veränderungen notwendig sind
Referenzen
[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU, Hrsg.): Dem Klimawandel begegnen / Die deutsche Anpassungsstrategie, 2009, Berlin
[2] Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel / Hintergrundpapier, o.O. u.J.
[3] Franck, Enke und Peithmann, Ortwin (2010): Regionalplanung und Klimaanpassung in Niedersachsen, E-Paper Nr. 9 der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover
[4] Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Hrsg., 2012): Klimawandel in Baden-Württemberg, Fakten - Folgen - Perspektiven, Stuttgart
Weblinks
Gesundheitscheck der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik: http://ec.europa.eu/agriculture/healthcheck/index_de.htm