Klimaanpassung im Pflanzenbau

Aus KLIMASCOUT für Kommunen
Version vom 24. November 2016, 14:47 Uhr von Schäfer (Diskussion | Beiträge)
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Der Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen hat in den letzten Jahren durch die politische Förderung stark zugenommen. Für viele Landwirte ist ein neuer Betriebszweig entstanden. Es wird vor allem Mais angebaut, der sich als "die Biogaspflanze" etabliert hat. Die starke Ausdehnung des Maisanbaus wird aus Umweltschutzgründen als problematisch angesehen. Unter anderem hat die Maispflanze aufgrund des späten Saatzeitpunkts und eines langsamen Wachstums erst später im Jahr eine bodendeckende und damit schützende Wirkung.

Über viele Monate liegen die Böden weitgehend brach. Er ist dadurch anfällig für Bodenerosion und Nährstoffauswaschung. Dies kann sich durch erwartete Zunahme von Niederschlägen im Winter noch erhöhen. Somit können die Folgen des Klimawandel bereits heute bestehende Belastungen von Böden und Gewässern verstärken. Die Fixierung auf den Anbau von nur einer Kulturpflanze über das gesamte Jahr kann - zudem durch extreme Wetterereignisse wie Hagel oder lange Trockenperioden verursacht - Ernteeinbußen für die Landwirte zur Folge haben. Im Rahmen der Projektinitiative KLIMZUG-Nordhessen, einem wissenschaftlichen Projekt zur Anpassung an den Klimawandel, entstanden im Landkreis Waldeck-Frankenberg und im Schwalm-Eder-Kreis Demonstrationsflächen zum klimagerechten Pflanzenanbau.

Zielsetzung war dabei, ausgehend von den wissenschaftlichen Empfehlungen klimaangepassten Ackerbau über Instrumente der regionalen Steuerung wirksam zu etablieren. Bildung und Beratung stellen dazu wirksame Instrumente bereit, die regional definiert und umgesetzt werden können. Auf den Demonstrationsflächen werden den Landwirten Pflanzen vorgestellt, die in unterschiedlichen Variationen in Kombination mit oder als Alternative zur Energiepflanze Mais angebaut werden können. Hierfür wurde ein Aus- und Weiterbildungskonzept für Landwirte erarbeitet, welches den klimaangepassten Anbau unter lokalen Bedingungen vermitteln soll.

Pro Jahr werden zwei Kulturen auf den Demonstrationsflächen angebaut. In dem so genannten Zweikulturen-Nutzungssystem wird z. B. im Herbst Wintererbse und Roggen gesät und im Frühjahr Mais. Der Erntetermin der Erstkultur liegt vor der Maximalen Biomassebildung, damit für die Zweitkultur noch ausreichend Vegetationszeit bleibt.

Die Herausforderung besteht darin, die Artenkombination mit den Sorten zu finden, die unter lokalen Bedingungen am besten gedeien. Bisherige Untersuchungen zeigten: Mit dem Zweikulturen-Nutzungssystem können stabile und hohe Erträge erzielt werden, die mit positiven ökologischen Effekten einhergehen. Dies gleicht den erhöhten Aufwand gegenüber herkömmlichen Anbausystemen aus. Allerdings besteht weiterhin großer Bedarf an der Weiterentwicklung geeigneter Pflanzensorten.

Kriterien für gute Praxis

Das Zweikulturen-Nutzungssystem stellt eine wirksame Anpassungsmaßnahme dar. Ertragseinbußen sowie Boden- Nährstoffverluste werden wegen der größeren Robustheit des Anbausystems gegenüber klimatischen Veränderungen effektiv reduziert. Die Kombination verschiedener Arten erhöht die Flexibilität. Unabhängig vom Klimaszenario geht der Mischanbau mit zunehmender Ertragsstabilisierung einher.

Zusätzlich kann als positver Nebeneffekt die biologische Vielfalt durch die erhöhte Anzahl angebauter Pflanzenarten zunehmen. Die Umsetzung vor Ort stellt für die Landwirte keine Schwierigkeit dar, da sie auf dem aktuellen Stand der Technik erfolgen kann.

Es muss jedoch der erhöhte Aufwand aufgrund von Anbau und Ernte von zwei Kulturen im Jahr durch höhere Erträge ausgeglichen werden. Dafür ist die Sortenwahl entscheidend. So kann die Anpassungsmaßnahme zur wirtschaftlichen Stabilität des Betriebes beitragen.

Zur Planung und Umsetzung der Demonstrationsflächen

Die beiden Demonstrationsvorhaben  wurden seitens KLIMZUG-Nordhessen von Wissenschaftlern aus dem Bereich der Agrar- und Rechtswissenschaften sowie von den Klimabeauftragten der beiden Landkreise begleitet. In den Landkreisen sind die Leiter der Fachbereiche Landwirtschaft, Wasser und Boden sowie der Unteren Naturschutzbehörden die maßgeblichen Akteure. Zudem sind der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen als fachliche Beratungsinstitution und die Kreislandwirte als berufsständische Vertretung eingebunden.

Im Schwalm-Eder-Kreis wurde im Frühjahr 2012 mit der Anlage der Demonstrationsflächen begonnen. Die Anbauvarianten wurden von den beteiligten Akteuren gemeinsam ausgewählt. Neben der großflächigen Aussaat von Sommergetreide (Mais, Hirse, Sonnenblumen, Getreide-Leguminosen-Gemenge) wurde auch eine Fläche mit s. g. Exoten etabliert. Bei einer gemeinsamen Verantstaltung der beteiligten Akteure im Juni 2012 mit Feldbegehung und Vorträge nahmen über 60 Personen aus Praxis und Beratung teil.

Im August 2012 wurde eine weitere Feldbegehung mit Multiplikatoren aus Naturschautz und Landwirtschaft durchgeführt. Finanziell unterstützt wird der Umsetzungsverbund durch das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt KLIMZUG-Nordhessen sowie von der Landwirschaftskommission des Schwalm-Eder-Kreises, der Naturlandstiftung Hessen e. V. des Schwalm-Eder-Kreises und der Biogas Homberg (Efze) GmbH & Co. KG. Im Landkreis Waldeck-Frankenberg wurde der Anlage der Demonstrationsflächen im Herbst 2012 begonnen.

Der Prozess verdeutlicht, wie regionale Steuerungsstrukturen - beispielsweise die Einbindung in das Fortbildungs- und Beratungsprogramm des LLH - realisiert und im Hinblick Klimaanpassungsaspekte verbessert werden können. Ein besonderer Erfolg des Projektes: Beide Landkreise führen die Demonstrationsflächen nach der Laufzeit des Verbundprojektes KLIMZUG-Nordhessen weiter. Sie möchten weiterhin klimaangepasste, ökologisch schonende Anbauverfahren fördern und etablieren.

Anbau von Widerstandsfähigem Gemüse und Getreide

Eine geeignete Sortenwahl senkt das Risiko von möglichen Ernteausfällen und Unwetterschäden.

Ernteeinbußen traditioneller Gemüse- und Getreidesorten werden durch vermehrte Extremwetterlagen wie Hitze, Dürre, oder Sturm häufiger. Eine wirkungsvolle Anpassungsmaßnahme stellt die Umstellung auf klimaresistente Sorten wie Urroggen dar. Der Biolandhof Freese rekultivierte diesen erfolgreich seit 2009 als Praxispartner im BMBF-geförderten Projekt nordwest 2050. Die alte Roggensorte wurzelt tief in der Erde und kann so auch unter schlechten Bedingungen oder Wetterextremen wie Stürmen, starken Niederschlägen oder Trockenperioden gedeihen.

Sie wächst schnell und sorgt für eine gute Bodenqualität. Durch die Aufnahme großer Wassermengen reduziert die Pflanze die Gefahr der Staunässe. Der Urroggen ist zudem besonders wiederstandsfähig gegen Schädlinge, die wegen des veränderten Klimas verstärkt auftreten können. Um Gemüsesorten vor Strarkregen und Hagel zu schützen, baut der Biohof Freese im Rahmen des Projekts Tomaten in einem Gewächshaus an. Dessen Folie ist reißfest und lichtdurchlässig und schaft so freilandähnliche Lichtverhältnisse. Da die Gewächshauseindeckung und Sortenwahl das Risiko von Umwetterschäden bei verschiedenen Ausprägungen von Extremergeignissen verringern, sind diese Maßnahmen besonders robust und wirksam gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels. Da sie das Risiko von Ernteausfällen reduzieren, sind die Maßnahmen auch zukünftig finanziell tragbar. Es ist zudem eine hohe Flexibilität gegeben, da weniger geeignete Sorten ausgetauscht werden können.



Referenzen

Umweltbundesamt, 06844 Dessau-Roßlau, CliMA Kompetenzzentrum für Klimaschutz und Klimaanpassung, Universität Kassel, Hrsg.: Dezember 2013, "Handbuch der guten Praxis der Anpassung an den Klimwandel" pdf

Weitere Informationen

Biolandhof Freese, 26817 Rhauderfehn

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