KLIFF IMPLAN - Land- und Forstwirtschaft

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Inhaltsverzeichnis

Landwirtschaft

In Niedersachsen werden mit ca. 2,6 Mio. ha rund 54 % der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt. Da die natürlichen Voraussetzungen, die wirtschaftlichen Standortfaktoren und die traditionellen Betriebsausrichtungen innerhalb Niedersachsens sehr unterschiedlich sind, haben sich regionale Produktionsschwerpunkte gebildet: Entlang der Küste und Ästuare sowie in den ehemaligen Moorgebieten des norddeutschen Tieflandes befinden sich überwiegend Gründlandgebiete, in denen der größte Teil der Milchviehhaltung und Rindermast dient. In der mittleren und südlichen Weser-Ems-Region hat u. a. der Maisanbau dazu geführt, dass sich diese Region zu einem bundesweiten Zentrum der Veredelungswirtschaft (Schweine- und Geflügelmast, Legehennenhaltung) entwickelt hat. In den ausgedehnten Geest- und Heidelandschaften vom Emsland bis zur Elbe mit ihren leichten, nährstoff- und teils wasserarmen Böden dominieren der Kartoffel- und Roggenanbau. Die ertragreichen Böden im Bergvorland südlich des Mittellandkanals werden hauptsächlich für den Weizen-, Raps-, und Zuckerrübenanbau genutzt. Zudem gibt es regionale Schwerpunkte in der Biogaserzeugung, in denen insbesondere Mais als nachwachsender Rohstoff vermehrt angebaut wird. Als Folge der agrarpolitischen Rahmenbedingungen ist insgesamt eine Veränderung in der Bodennutzung hin zu einem steigenden Ackeranteil und einem abnehmenden Grünlandanteil erkennbar.

Da die natürliche Wasserversorgung im landwirtschaftlichen Bereich zur Erwirtschaftung optimaler  Erträge zum Teil nicht ausreicht, ist die Feldberegnung in zahlreichen Landkreisen Niedersachsen zu einem wichtigen Bestandteil der Produktion geworden.

Wald und Forstwirtschaft

In Niedersachsen sind 24 % der Landesfläche mit Wald bedeckt. Während der Waldanteil im niedersächsischen Bergland 32 % und im ostniedersächsischen Tiefland sogar 40 % beträgt, liegt er im westniedersächsischen Tiefland bei nur 14 %. 

Die Wälder im niedersächsischen Bergland werden von Buche (35 %) und Fichte (35 %) geprägt. Typisch für die Region Ostniedersächsisches Tiefland ist mit einem Anteil von 55 % die Kiefer. Auch im westniedersächsischen Tiefland ist die Kiefer mit 31 % die häufigste Baumart, gefolgt von Laubhölzern mit niedriger Umtriebszeit.

Wälder haben neben ihrer ökonomischen Nutzung als Standort für die forstwirtschaftliche Gewinnung des Rohstoffes Holz eine große Bedeutung in ihrer Lebensraumfunktion für Flora und Fauna, in ihrer Schutzfunktion für die natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Luft und Klima sowie als Erholungsraum für Menschen. Zudem haben Wälder als wichtiger Kohlenstoffspeicher einen großen Einfluss auf die atmosphärischen CO2-Konzentrationen und damit auf die Stabilität des Klimas.

Potenzielle Auswirkungen des Klimawandels

Das Klima stellt neben dem Boden den wichtigsten Standortfaktor für die land- und forstwirtschaftliche Produktion dar. Temperaturbereich sowie Niederschlagsmenge und -verteilung haben einen großen Einfluss auf das Wachstums-, Entwicklungs- und Reproduktionsvermögen von Pflanzen und damit auf das land- und forstwirtschaftliche Ertragspotenzial.

Durch veränderte Klimabedingungen wird es daher zwangsläufig auch zu veränderten Wachstums- und Entwicklungsbedingungen für die heute regional verbreiteten  Kultur- und Baumarten kommen, durch die sich -  je nach Entwicklung des Klimas - das Ertragspotenzial sowohl verschlechtern als auch verbessern kann.

Verlängerung der Vegetationsperiode

Die Klimaveränderung der Vegetationsperiode (früherer Beginn und späteres Ende) kann zu Veränderungen der landwirtschaftlichen Anbaubedingungen und Ertragspotenziale führen (u. a.  Anbau von zwei Hauptkulturen pro Jahr)

Anstieg der Durchschnittstemperaturen und Zunahme von Hitzeextremen

Auch bisher nicht angebaute wärmeliebende Kulturen wie z. B. Sorghum, Soja, Hartweizen, Topinambur oder Sudangräser werden unter Klimawandelbedingungen zunehmend für den Anbau interessant. Bei Mais ist - unter der Voraussetzung dass genügend Wasser und Nährstoffe vorhanden sind - bei höheren Temperaturen mit einer Steigerung der Erträge zu rechnen.

Bei Winterweizen z. B. ist bei steigenden Temperaturen von einem Rückgang der Erträge auszugehen.

Der klimawandelbedingte Temperaturanstieg wird zudem die Lebens- und Wachstumsbedingungen für Schädlinge und Unkräuter beeinflussen. Insbesondere Schadinsekten werden von höheren Temperaturen und dem zunehmenden Wegfall der populationsmindernden Wirkung niedriger Wintertemperaturen profitieren.  Zudem werden bisher nicht heimische Schädlinge einwandern. Auch bei Unkräutern ist mit einer Ausbreitung neuer wärmeliebender Arten zu rechnen.

Die steigenden Durchschnitts- und Extremtemperaturen können sich außerdem auf die Tierhaltung und Veredelungswirtschaft auswirken. So können als unmittelbare Folge zunehmender Wärmebelastung bei Masttieren eine geringere Gewichtszunahme und bei Milchkühen eine geringere Milchleistung auftreten. Zudem kann durch Hitzestress die Reproduktionsfähigkeit eingeschränkt und das Immunsystem belastet werden, wodurch Nutztiere anfälliger für Krankheiten werden.


Zunahme der Bodenerosionsgefährdung

Bodenerosionsgefährdung kann sowohl durch Wasser als auch durch Wind hervorgerufen werden. Sie bewirkt zum einen den Verlust von humus- und nährstoffreichem Oberbodenmaterial mit entsprechend negativen Folgen für die Bodenfruchtbarkeit und die Wasserspeicherfähigkeit der betroffenen Standorte, zum anderen Stoffeinträge in benachbarte Gewässer, die zu verstärkter Nährstoffanreicherung (Algen) führen können.

Darüber hinaus kann es durch Aufschlämmungen bzw. Verwehungen des erodierten Materials zu Schäden an Verkehrswegen und Siedlungen kommen, die im Extremfall akute Gefahrensituationen nach sich ziehen können (z. B. Schlammlawinen, Sichtbeeinträchtigungen im Straßenverkehr durch sandsturmbedingte Staubwolken).

Allgemein nimmt die Erosionsgefährdung mit steigendem Bedeckungsgrad  der Vegetation ab, sodass bewaldete oder als Grünland genutzte Gebiete grundsätzlich einem geringeren Erosionsrisiko unterliegen als ackerbaulich genutzte Flächen.

Zunahme von Witterungs- und Wetterextremen

Die Ertragssicherheit landwirtschaftlicher Kulturen wird in starkem Maße von der Wetterempfindlichkeit und Extremwetterereignissen bestimmt. Aufgrund der zu erwartenden klimawandelbedingten Zunahme außergewöhnlicher Witterungs- und Wetterextreme, wie lang anhaltende Hitze- und Trockenperioden, Spät- und Frühfröste, Starkregen, Hagel oder Sturm, ist daher mit einer sinkenden Ertragssicherheit der  Landwirtschaft zu rechnen. Neben direkten Auswirkungen auf Wachstum und Entwicklung landwirtschaftlicher Kulturen können Witterungs- und Wetterextreme auch indirekte Wirkungen auf die Landwirtschaft haben, z. B. indem sie zeitweise die Befahr- und Bewirtschaftbarkeit landwirtschaftlicher Flächen einschränken oder die Gefahr von Wasser- und Winderosion, Bodenverdichtung oder Nitratauswaschung erhöhen.

Auch die Forstwirtschaft ist von Witterungsvulnerabilität und extremen Wetterereignissen betroffen. So führen zunehmende winterliche Nässe- und sommerliche Trockenperioden zu einer Verschärfung von Wechselfeuchte und Grundwasserschwankungen, an die viele Baumarten nicht angepasst sind. Zudem können häufigere Sommerdürren - insbesondere wenn mehrfach aufeinander folgend - bei Bäumen Wachstumsdepressionen bewirken sowie die Vitalität und damit die Widerstandsfähigkeit gegenüber einer Vielzahl von Schadfaktoren vermindern.

Eine weitere Gefahr stellen Stürme mit hohen Windgeschwindigkeiten und Turbulenzen dar. Neben direkten Schäden durch Wind können Stürme auch zu einem starken Anstieg von Insektenbefall führen (z. B. Borkenkäfer), da sie viel bruttaugliches Material (Totholz) hinterlassen.

Vor allem in trockenen Regionen wie der Lüneburger Heide ist infolge zunehmender Hitze- und Trockenperioden künftig zudem mit einem Anstieg der Waldbrandgefahr zu rechnen. Grundsätzlich weisen Nadelwälder, besonders Kiefernwälder, eine höhere Waldbrandgefährdung als die weniger schnell austrocknenden Laubwälder auf.

Auf betrieblicher Ebene wird es im Bereich der Pflanzenproduktion verstärkt auf eine standort- und klimaangepasste Fruchtartenwahl und Fruchtfolgeplanung, den Einsatz geeigneter Bewirtschaftungsformen zur Vermeidung von Erosion, Verdichtung und Stoffausträgen sowie zur Erhaltung bzw. Verbesserung des Humusgehaltes und der Wasserspeicherkapazität von Böden sowie auf die Anpassung der Feldberegnung und des Wassermanagements ankommen.

Sicherung von Böden mit hohem natürlichen Ertragspotenzial

Ein wesentlicher Faktor für die landwirtschaftliche Nutzbarkeit von Böden ist die natürliche Fruchtbarkeit. Sie kennzeichnet die Fähigkeit von Böden, Biomasse zu produzieren und kann als standortgebundenes natürliches Ertragspotenzial definiert werden. Das natürliche Ertragspotenzial wird von einer Reihe natürlicher Standortfaktoren wie z. B. der Wasser- und potenziellen Nährstoffversorgung, der Durchwurzelung und dem Klima beeinflusst.

Um auf Böden mit hohem natürlichen Ertragspotenzial dauerhaft landwirtschaftliche Nutzungen zu ermöglichen, müssen diese Standorte vor der Inanspruchnahme durch dem entgegenstehende Nutzungen sowie vor schädlichen Bodenveränderungen geschützt werden. Dazu gehört - neben Maßnamen zum Erosionsschutz, zur Vermeidung von Bodenverdichtungen und zum Erhalt der standorttypischen Humusgehalte - insbesondere eine Reduzierung des durch Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung verursachten Flächenverbrauchs.

Handlungsmöglichkeiten und Instrumente der Raumordnung

Die größte Wirkung entfalten hier die agrar- und forstpolitischen Förderinstrumente. Zu den effektivsten Steuerungselementen zur Förderung einer nachhaltigen Landbewirtschaftung gehören Cross-Compliance-Verpflichtungen im Rahmen der EU-Direktzahlungen sowie Agrarumweltmaßnahmen, die künftig noch stärker als bisher auf Aspekte der Anpassung an den Klimawandel (z. B. Erhaltung natürlicher Bodenfunktionen, Schutz vor Bodenerosion) ausgerichtet werden solten.

Voaussetzungen für ein angepasstes Wasser- und Feldberegnungsmanagement

Die z. T. bereits heute bestehenden Probleme hinsichtlich eines ausreichenden Wasserdargebots für die landwirtschaftliche Feldberegnung werden sich sowohl durch den Klimawandel als auch durch den forcierten Anbau von nachwachsenden Rohstoffen (z. B. Mais zur Biogaserzeugung) künftig verschärfen. Deshalb wird auch die Raumordnung gefordert sein, um die notwendigen Voraussetzungen für ein angepasstes Wasser- und Feldberegnungsmanagement zu schaffen.

Anpassungsmaßnahmen Bereich Wald- und Forstwirtschaft

Anpassungsmaßnahmen im Bereich Wald- und Forstwirtschaft werden vor allem durch die forstwirtschaftliche Fachplanung und die Forstbetriebsplanung erfolgen, die durch entsprechende Bewirtschaftungskonzepte sicherstellen können, dass Waldbestände an die sich ändernden klimatischen Bedingungen angepasst werden.

Die wichtigsten fachplanerischen Steuerungselemente sind das Landeswaldprogramm und die regionalen forstlichen Rahmenpläne, deren Inhalte nach Abwägung mit anderen raumbedeutsamen Belange in die Raumordnungsprogramme aufgenommen werden.

Waldschutz

Wälder haben eine ausgleichende Wirkung auf den Wasserhaushalt und erfüllen vielfälltige Funktionen des Boden-, Klima-, Arten-, und Biotopschutzes sowie der menschlichen Erholung, die vor dem Hintergrund des Klimawandels allesamt eine zunehmend größere Bedeutung haben werden. Insbesondere für Waldgebiete, in denen sich mehrere dieser Funktionen überlagern, besteht aus raumordnerischer Sicht ein besonderer Schutzbedarf des Waldes. Die raumordnerische Ausweisung entsprechender Waldgebiete kann durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten "besondere Schutzfunktionen des Waldes" in den Regionalen Raumordnungsprogrammen erfolgen. Künftig sollte auch die Festlegung entsprechender Vorranggebiete in Erwägung gezogen werden. Die fachliche Grundlage für die Überplanung bildet die Waldfunktionskarte Niedersachsen, die die besonderen, sich z. T. überlagernden Funktionen von Wäldern für die Bereiche Boden, Luft/ Klima/ Lärm, Natur, Landschaft, Kulturgüter und Erholung darstellt.

Waldumbau

Bereits heute weisen viele Waldgebiete mit nicht standortgerechter Baumartenzusammensetzung hohe Anfälligkeiten gegenüber Trockenheit, Kalamitäten, Sturmwurf und Waldbrand auf, die im Zuge des Klimawandels weiter zunehmen. Da viele der genannten Faktoren durch die monokulturelle Prägung der aktuellen Waldbestände verstärkt werden, stellt der standortgerechte Waldumbau hin zu zukunftsfähigen, artenreichen und an die sich ändernden klimatischen und hydrologischen Bedingungen angepassten Mischwäldern häufig eine wirksame Anpassungsmaßnahme dar. Waldbestände, die ein hohes bis sehr hohes Risiko Bestandsausfalls bzw. des Vitaliätsverlustes aufgrund besonderer Anfälligkeit gegenüber den genannten Schadfaktoren aufweisen und in denen Maßnahmen des Waldumbaus von besonders großer Bedeutung sind, könnten in den Raumordnungsprogrammen als Vorranggebiete "Region bedeutsamer Schwerpunktbereich für den Waldumbau"  ausgewiesen werden.

Waldmehrung

Die Erhöhung des Waldanteils trägt nicht nur zum Klimaschutz durch Bindung von CO2 sondern kann auch ein Schutz von Siedlungsbereichen mit hoher Empfindlichkeit gegen Hitzebelastung sein (Bereitstellung von Frisch- und Kaltluft verbessert das Siedlungsklima), vorbeugenden Hochwasserschutz, Grundwasserschutz, und Schutz von erosionsgefährdeten Gebieten ( Verbesserung des Wasserrückhalts). Außerdem sichert ein erhöhter Waldanteil das ökologischen Verbundsystem, da es den Arten Ausweich- und Wanderbewegungen bei klimabedingter Verschiebung von Verbreitungsgebieten ermöglicht.

Waldbrandvorsorge

Da sich die Eintrittswahrscheinlichkeit von Waldbränden wegen des Klimawandels in Niedersachsen voraussichtlich erhöhen wird, gewinnen Maßnahmen zur Waldbrandvorsorge an Bedeutung. Aus Sicht der Raumordnung können hierzu als Informationsgrundlage  Vorbehaltsgebiete ausgewiesen werden. Bei der Abgrenzung entsprechender Bereiche müsste neben der Anfälligkeit gegenüber Trockenheit (Wasserspeichervermögen des Bodens, Grundwasserbeeinflussung) auch in die Sensivität der jeweiligen Waldbestände (Artenzusammensetzung und Altersspektrum der Bäume) berücksichtigt werden. Darüber hinaus könnten in den Raumordnungsprogrammen Festlegungen zu verbindlichen Abstandsregelungen zwischen Siedlungsgebieten und Waldrändern oder zur Einschränkung der Eigenentwicklung von stark waldbrandgefährdeten Orten gemacht werden.


Referenzen

Jan Spiekermann, Enke Franck (Hrsg.): Anpassung an den Klimawandel in der räumlichen Planung, Handlungsempfehlungen für die niedersächsiche Planungspraxis auf Landes- und Regionalebene pdf

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