Hannover - Anpassungsstrategie - Stadtplanung und Bauen

Aus KLIMASCOUT für Kommunen
Wechseln zu: Navigation, Suche

Inhaltsverzeichnis

Aktion 6: Klimaangepasste Stadtplanung und Bauen

Ziel nachhaltiger Stadtplanung ist die dauerhaftet Sicherung einer guten Lebensqualität für die Einwohner in allen Teilen der Stadt. Hierzu gehören gesundes Wohnen und Arbeiten, die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs sowie gute Erreichbarkeit aller notwendigen Ressourcen, Freizeit- und Naherholungsmöglichkeiten und eine möglichst große Sicherheit vor Naturkatastrohen und Unwetterereignissen.

Die zu erwarteten klimatischen Veränderungen erfordern für die Planung sowie den Bau von Gebäuden und die Gestaltung von Freiräumen ein Überdenken der herkömmlichen Praxis und teilweise die Intergration neuer, an die veränderten Verhältnisse angepasster bauliche Standards.

Insbersondere das räumliche Ineinandergreifen von Freiflächen und bebautem Bereich, also die Stadtstruktur in ihrer Gesamtheit kann negative Auswirkungen des Klimawandels abpuffern. Wie stark Veränderungen an den vorhandenen Strukturen erforderlich sind um den Wohnstandtort Hannover lebenswert zu erhalten, muss bei allen Neuplanungen sowie den Überplanungen des Bestandes sorgfälltigt geprüft werden.

Wesentlich für eine klimaangepasste Stadtplanung sind auch die Berücksichtigung der sich mit dem Klima verändernden Bedürfnisse und Lebensrhythmen der Bevölkerung sowie die aktive Einbeziehung der Bewohner in die Entwicklung und Umsetzung klimaangepasster Verhaltensweisen.

Generell gilt, dass etliche gerade der sehr konkreten Maßnahmen nicht flächendeckend sondern nur punktuell - am richtigen Ort -  eingesetzt werden sollten, da sie dann bereits optimal wirksam werden und/ oder flächendeckend einfach zu teuer bzw. unpraktikabel sind.

Maßnahmen für Gebäude

Bei Maßnahmen zur Klimaanpassung für Gebäude ist zwischen Bestandsgebäuden und Neubau zu unterscheiden. Eine zukunftssichere Planung kann für den Neubau Materialien und Konstruktionen einbeziehen, die geeignet sind, klimatische Veränderungen für den Menschen möglichst verträglich aufzufangen. Für die Auswahl der Maßnahmen kann auch auf die Erfahrungen aus anderen Breitengraden, deren Klima unserem zukünftig ähnlich, ist zurückgegriffen werden.

Der größte Teil der Stadt besteht jedoch aus bereits vorhandenen, älteren Gebäuden. Diese können in den meisten Fällen entsprechend verbessert werden, wenn sie  z. B. im Rahmen von geplanten Renovierungen, einer umfassenden Sanierung und Modernisierung unter Klimagesichtspunkten unterzogen werden. Einige Maßnahmnen, die z. B. die Gebäudestellung und -ausrichtung betreffen, sind nicht mehr nachzurüsten.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit ist der Erhalt des Bestandes anzustreben, in Einzelfällen kann jedoch die Kosten-Nutzen-Relation auch einen Abriss und Neubau an gleicher Stelle erforderlich machen.

Sonnenschutz

Bei der Planung von Gebäuden ist zukünftig stärker auf genügend Schatten im und am Gebäude zu achten. So kann einer Aufheizung der Innenräume entgegengesteuert und die Aufnahmequalität optimiert werden. Die Sonneneinstrahlung kann durch intergrierte bauliche Schattenspender (Arkaden, Sonnensegel, Pergolen, Laubengänge) sowie bauliche Anlagen an Fasaden und Fensterflächen minimiert werden. Hierfür ist eine Südausrichtung der Hauptfensterflächen von Gebäuden gegenüber der Ost-/ Westausrichtung von Vorteil, da die senkrechter stehende Südsonne einen geringeren Verschattungsaufwand erfordert.

Grundsätzlich muss der sommerliche Wärmeschutz bei der zukünftigen Gebäude-/ Fenstergestaltung stärker berücksichtigt werden. Darüber hinaus können schattenspendende Laubbäume vor den Gebäuden im Sommer Schatten spenden und im Winter durch ihre Transparenz für Lichteinfall sorgen. Dabei ist besonders auf Sturmfestigkeit der Bäume in Gebäudenähe zu achten und auf deren Anfälligkeit gegenüber veränderten Witterungsbedingungen der Zukunft. Bei der Wahl des Pflanzortes und der jeweiligen Baumart kommt es darauf an, den Verschattungsbedarf mit der wachsenden Notwendigkeit der Sonnenenergienutzung in Einklang zu bringen. Denn für die heute schon möglichen und zukünftig zu erwartenden energieeffizienten Bauweise haben sowohl die aktive als auch die passive Nutzung der Solarenergie eine besondere Bedeutung. Eine Orientierung dafür geben die Anforderungen an die Passivhausbauweise.

Baumaterial/ Dämmung

Eine energetisch optimierte Bauweise ist neben ihrem Beitrag zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit auch geeignet, trotz Klimawandel angenehmes Innenraumklima zu erzeugen. Die Verwendung von Materialien, die Energie speichern, kann eine Amplitudendämpfung über den Tagesverlauf bewirken. Für eine gute Wärme-/ Kältedämmung sind daher massive Materialien an der Innenschicht von Gebäuden sinnvoll. An der Außenseite kann die Verwendung von leichten Dämmmaterialien ausreichen.

Großflächige Glasarchitektur sollte nur bei energetisch optimierten Lösungen Planungsziel sein.

Der Bestand an Gebäuden muss schrittweise einer energetischen Sanierung unterzogen werden. Die Höhe des Sanierungsbedarfs ist in Abhängigkeit der Entstehungszeit der Quartiere und Gebäude sehr unterschiedlich. Während gerade ältere Gebäude der Gründerzeit oder der 30er Jahre des vorherigen Jahrhunderts häufig bereits über gute Bedingungen (z. B. Außenwanddicke, verwendete Materialien) verfügen und nur an bestimmten Schwachpunkten (z. B. Fenster, Dachdämmung) optimiert werden müssen, sind die Gebäude aus den 50er und 60er Jahren häufig einer viel umfassenderen  Sanierung zu unterziehen. Auch die energetisch unzureichenden Glasfasaden in Bürogebäuden der 80er und 90er Jahre erfordern erhöhte Aufwendungen um aktuelle Standards und ein gutes Innenraumklima zu ereichen.

Bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden ist es wichtig, stadtplanerische Aspekte und Denkmahlschutz frühzeitig zu intergrieren.

Die zu erwartenden häufigeren Extremwetterereignisse sollten zu besonderer Achtsamkeit im Bezug auf die Windsicherheit von Fenstern und Dächern mahnen. Hagelresistente Materialien sind in gefährdeten Lagen zu bevorzugen.

Klimatisierung

Auch bei zunehmenden Temperaturen sollte sowohl in Privat- als auch Büro- und öffentlichen Gebäuden auf eine klassische Klimatisierung mit aktiver Kühlung möglichst verzichtet werden, da diese mit einer zusätzlichen Aufheizung der Stadt und mit einem erheblichen ergetischen und damit klimaschädlichen Mehraufwand als unerwünschte Nebenwirkungen verbunden ist.

Stattdessen sollten zuächst passive Maßnahmen wie besserer Wärmeschutz durch die Gebäudehülle und vor allem die Vermeidung und Reduzierung von inneren Wärmequellen (künstliche Beleuchtung - Tageslichnutzung, technische Geräte, Standby...) beachtet werden. Dies kann wirkungsvoll ergänzt werden durch eine optimierte Nachtauskühlung (möglichst freie Lüftung in der Nacht) und eine außen liegende  zeitweise Verschattung.

Auf der Basis einer sehr effizienten Geräteausstattung sind in den meisten Fällen Strategien zur passiven Sommerkühlung in hochenergieeffizienten Gebäudestandards wie Passivhäusern ausreichend.

Bei der Notwendigkeit aktiver Kühlung bei besonderen Nutzungsanforderungen (Hygiene, Sicherheitstechnik, nicht reduzierbare innere Wärmelasten, Rechtsvorschriften...) oder steigende Anforderungen durch veränderte klimatische Randbedingungen bietet das Passivhauskonzept mit sehr geringem Aufwand die zusätzliche, sehr sparsame aktive Kühlmöglichkeit der Frischluftkühlung über die ohnehin vorhandene Lüftungssanlage für den Sommer, die ausgezeichnete Behaglichkeit in den Räumen ermöglicht.

Fassadengestaltung/ -farbe

Durch eine Dachbegrünung kann das Stadtklima positiv beinfusst werden. Auch die Begrünung von Hausfasaden wirkt - ähnlich wie die Dachbegrünung - positiv auf das thermische, lufthygienische und energetische Potential eines Gebäudes. Fassadenbegrünungen verbessern die mikroklimatischen Verhältnisse am Gebäude, indem sie die Termperaturextreme im Jahresverlauf abmildern. Neben diesen klimatischen Effekten können Fassadenbegrünungen auch die Luftqualität verbessern, das sie Stäube und Luftschadstoffe binden. Zudem stellen sie Lebensräume für die urbane Fauna bereit und mindern die Lärmbelastung, da eine begrünte Wand den Schall weniger reflektiert als glatte Wände.

Ausrichtung und Stellung von Gebäuden

Neben den Aspekten der Verschattung ist auch eine ausreichende Luftbewegung für eine optimale Gebäudestellung bei der Neuplanung eines Bauprojektes zu berücksichtigen. Ausrichtung, Höhe und Form von Gebäuden sind ausschlaggebend für gute Beschattungsmöglichkeiten und ausreichende Luftbewegungen. Dies ist mit den für den Klimaschutz erforderlichen energieeffizienten Bauweisen wie Passiv- oder Nullenergiehäuser in Einklang zu bringen.

Maßahmen für Freiräume und Stadtstruktur 

Der hohe Anteil an Grünflächen in Hannover und insbesondere ihre gut vernetzte Struktur leisten einen wesentlichen Beitrag zur heutigen und künftigen Klimatauglichkeit der Stadt. Je nach Ausprägung und Lage der Grün- und Freiflächen sind ihre Bedeutung und ihre positive Wirkung unterschiedlich zu bewerten.

Hannover besitzt ein abgestuftes System wohnungsnaher, stadtteil-/ quartiersnaher und übergeordneter Grünflächen. Größere Flächen wie die Leine- und Wietzeaue, Georgengarten, Kleingarten- und Friedhoftsflächen haben eine hohe klimaökologische Wirksamkeit als Ausgleichsräume, die bei lang anhaltenden Wetterlagen auch dauerhaft spürbar und nachweisbar ist. Kleinere Grünflächen können diese Wirkung unterstützen, wenn sie in Nachbarschaft zu den kaltluftproduzierenden (großen) Grünflächen  gelegen sind.

Kleinere innerhalb der Bebauung gelegene Grünflächen (z. B. Plätze, Innenhöfe) wirken aufgrund der geringen Kaltluftproduktion zwar nicht kühlend auf die benachbarten Siedlungsflächen, stellen aber innerhalb von belasteten Bereichen wichtige "Klimaoasen" dar.

Um gerade in der heißesten Jahreszeit ihre Funktion als Ausgleichsfaktor gut erfüllen zu können sind Begrünungselemente, die auch bei lang anhaltender Trockenheit grün bleiben wie z. B. Bäume und Sträucher generell von höherer Bedeutung als Flächen mit lediglich oberflächlich verwurzelten Pflanzen, die ohne künstliche Bewässerung schnell trocknen.

Freiräume

Für die Weiterentwicklung der Freiräume sollten Außenalagen an Gebäuden und versiegelten Freiflächen weitgehend entsiegelt und Versickerungsflächen gestalterisch einbezogen werden. Schattenspendes Grün z. B. großkronige Laubbäume und Pergolen sowie bauliche Schattenspender, z. B. Arkaden, Laubengänge und Sonnensegel können die Aufentshaltsqualität im Freien steigern. Hierbei ist neben den eigentlichen Grünanlagen auch die Beschattung von Straßen, Parkplätzen, Haltestellen etc. durch Anpflanzung von Bäumen und Stäuchern anzustreben, da dies insgesamt für eine Reduzierung der Aufheizung und für ein angenehmeres Umgebungsklima sorgt.

Bei der Pflanzenwahl sind dauerhaft grüne Bodendecker zu bevorzugen, nicht nur Rasenflächen anzulegen. An stark frequentierten und genutzten Flächen ist es sinnvoll, das vorhandene Grün auch bei lang anhaltender Hitze durch zusätzliches Wässern zu erhalten. So kann Staub gebunden und die Fläche nutzbar gehalten werden. Öffentliche und private Zisternen erleichtern die Bewässerung.

Wasserspiele und generell bewegtes Wasser verursachen zwar höhere Kosten, können aber an ausgewählten Orten sehr viel zur lokalen Abkühlung und Befeuchtung der Luft beitragen. Stehendes Wasser ist wegen der negativen Begleiterscheinungen (Mückenplage und Gefahr der Übertragung von Infektionskrankheiten, Fäulnisprozesse bei sinkendem Wasserspiegel etc.) möglichst zu vermeiden.

Auch in Freiräumen kann der Albedo-Effekt z. B. durch helle Bodenbeläge genutzt werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass von den Bodenbelägen keine unerwünschte Blendwirkung ausgeht.

Stadtstruktur

Die Stadt der kurzen Wege ist gerade in Zeiten des Klimawandels weiterhin wesentliches Ziel der Stadtplanung. Kompakte Baustrukturen zugunsten des Erhalts direkt benachbarter Freiräume sind speziell in den bereits verdichteten Lagen geeignet, eine klimagerechte Stadtstruktur zu entwickeln, Alternativen zum motrisierten Verkehr aufzuzeigen und attrakiv zu machen und damit der Aufheizung entgegenzuwirken.

Wichtig ist dabei besonders der Erhalt von Kaltluft bildenden Freiluftflächen, Frischluftschneisen und des abgestuften Grünsystems aus wohnungsnahen, stadtquartiersnahen und übergeordneten Gründflächen. Ein großräumiger Zusammenhang zwischen städtischen und regionalem Freiraumverbund sollte gesichert werden, da diese wichtige Kaltluftlieferungsgebiete für die Stadt Hannover darstellen.

Eine Analyse vorhandener und voraussichtlich neu entstehender Hot Spots vorausgesetzt, kann die Anlage neuer Gründflächen notwendig sein, um einer Überhitzung der dicht bebauten Stadtflächen entgegenzuwirken. Eine Vernetzung der neuen Grünflächen mit vorhandenen sichert dabei die Entwicklung einer klimaangepassten Stadtstruktur.

Es ist sinnvoll, eine kompakte, Flächen sparende Siedlungsentwicklung mit einem Freiraumstrukturkonzept zu verbinden, das die Siedlungsentwicklung im Innenbereich auf eine angemessene bauliche Dichte begrenzt. Eine Nachverdichtung soll Priorität vor einer ungebremsten Außenentwicklung haben.

Aktion 7: Fachkarte Klimaanpassung

Um die Stadtentwicklung in Richtung einer "klimaangepassten" Stadt lenken, müssen die Aspekte des Klimawandels bereits im Vorfeld von Planungen, z. B. Bebauungsplanungen und Stadtentwicklungsplanungen, zur Kenntnis genommen und die Planungen integriert werden. Darum wird die Verwaltung auf Grundlage der Klimafunktionskarte der Stadt Hannover eine "Fachkarte Klimaanpassung" im Maßstab des Flächennutzungplans erstellen. Sie soll Entscheidungen zur Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen erleichtern und als Grundlage für alle klimarelevanten Planungen dienen.

Die Fachkarte Klimaanpassung kann folgende für die Planungen wichtige Informationen enthalten. Grundlage dafür bilden in den Fachbereichen vorliegende Datensammlungen und Planwerke:

Gefährdungsgebiete bei Starkregenereignisse



Die von der Verwaltung beauftragten modellierten Klimaszenarien 2050 und 2100 zu den zuerwartenden sommerlichen Wärmebelastungen (Stand  Mai 2011) dienen ebenfalls der Konkretisierung notwendiger Anpassungsmaßnahmen und als Entscheidungshilfe für Planungen.

Aktion 8: Öffentlichkeitsarbeit

Da die Stadt Hannover die Aufgabe der Anpassung an den Klimawandel nicht allein bewältigen kann, ist ein Netzwerkt von Akteuren (Region Hannover), Umweltverbände, Vereine, BürgerInnen, Wirtschaftsunternehmen, sonstige Institutionen) notwendig und die Öffentlichkeitsarbeit soll verstärkt werden.

Der Rolle der Bürgerinnen und Bürger kommt auch eine große Bedeutung zu, da nur so die Themen "Lebens- und Konsumstile" und "gesellschaftliche Wertehierachie" in die Strategien Eingang finden und entsprechende Konsum- und Verhaltensänderungen als wichtige Säule des integrierten Klimaschutzes  und der Klimaanpassung berücksichtigt werden können.

Besonders wichtig ist es, bereits bei Kindern und Jugendlichen ein Bewusstsein für das Thema Klimaanpassung zu schaffen. Deshalb werden entsprechende Angebote zu "Klimaschutzthemen für Kitas und Schulen um das Thema "Anpassung an den Klimawandel" erweitert.


Referenzen

Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover, Hrsg.; 2014, Anpassungsstrategie zum Klimawandel - Informationen zu den Folgen des Klimawandels für die Stadt Hannover und die daraus resultierenden notwendigen Anpassungsmaßnahmen pdf

Meine Werkzeuge
Namensräume
Varianten
Aktionen
Navigation
Werkzeuge