Gesundheit - Auswirkungen des Klimawandels

Aus KLIMASCOUT für Kommunen
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Bisher ist global betrachtet ein Anstieg der Mitteltemperatur um ca 1°C zu verzeichnen. Eingebettet in diesen Trend von ansteigenden Lufttemperaturen sind häufigere und intensivere Hitzeperioden zu erwarten, die länger andauern werden. Diese relativ geringe Veränderung hat schon Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Eine Hitzewelle wie in Europa im Jahr 2003, der nach WHO-Berechnungen in Deutschland ca 7000, in Gesamteuropa ca 70000 Menschen zum Opfer fielen, könnte häufiger vorkommen.

Hochwasserereignisse mit sowohl direkten als auch indirekten Gesundheitsfolgen könnten ebenfalls häufiger und stärker auftreten. Direkte Folgen eines Hochwassers können Unfälle oder Ertrinken sein, indirekte z.B. verschmutztes Wasser, Schimmelbildung in nassen Gebäuden oder psychische Folgeerkrankungen der Betroffenen.

Inhaltsverzeichnis

Infektionskrankheiten

Bei höheren Temperaturen und in milderen Wintern können sich Überträger (= Vektoren) von Infektionskrankheiten wie Insekten und Nagetiere besser vermehren und räumlich ausbreiten. Das Infektionsrisiko erhöht sich.

Von pathogenen Viren verursachte Krankheiten wie Dengue-Fieber (Überträger: Tigermücke), Westnil-Fieber oder Leishmaniose (Überträger: Sandmücke) könnten sich in Deutschland neu etablieren. Durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis, Lyme-Borreliose, Hantaviren-Infektionen (Überträger: Mäuse) breiten sich bereits jetzt aus.

Chikungunya-Fieber ist eine fieberhafte Erkrankung, für die starke Muskel- und Gelenkschmerzen typisch sind. Dagegen ist noch kein Impfstoff vorhanden. Dieses Virus wird auch von der asiatischen Tigermücke übertragen. Die Asiatische Tigermücke ist nur fünf Millimeter groß, sticht aber so aggressiv wie kaum eine andere. Selbst dicke Kleidung hindert sie nicht daran, bei ihren Opfern Blut zu saugen – und ihnen das Virus zu injizieren. Dass der Erreger den Weg zu uns schafft und sich auch hier ausbreitet, ist nur eine Frage der Zeit. 2007 wurden in Baden-Württemberg erstmals Eier einer Tigermücke entdeckt. 2011 und 2012 konnten in Baden-Württemberg und Bayern sogar lebende Exemplare gefangen werden, meist in der Nähe von Autobahnraststätten. Vermutlich wurden sie über den Warenverkehr mit  eingeschleppt. Die Asiatische Tigermücke findet in Süddeutschland also schon jetzt ideale Brutbedingungen vor.

Viele Vektoren (Krankheitsüberträger) sind blutsagende Insekten wie Mücken und Zecken. Zwischen 1990 und 2010 waren laut WHO 1,5 Mio. Menschen davon betroffen.

In Europa besteht sogar die Gefahr eines Ausbruchs von Dengue-Fieber. 2012 kam es auf der portugiesischen Inselgruppe Madeira zu einem solchen Ausbruch mit über 2.000 Krankheitsfällen.

Damit sich Krankheiten wie Malaria, Dengue- oder das Chikungunya-Fieber nicht weiter ausbreiten können, müssen diese gezielt eingedämmt werden. Dazu gehört es, die Menschen darüber zu informieren und medizinisches Personal zu sensiblilisieren.Grundlage dafür ist ein auf sieben Jahre angelegter Handlungsrahmenplan, auf den sich Ende 2013 die 53 Länder der Europaregion verständigt haben.

In Deutschland zählen die durch Zecken übertragene Lyme-Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu den häufigsten vektorübertragenen Krankheiten.

Bei Starkregenereignissen - wenn z.B. Kläranlagen überlaufen - können Krankheitserreger in Oberflächengewässer oder sogar ins Trinkwasser gelangen. Wenn Acker- und Weideland überschwemmt wird, können im Boden abgelagerte giftige Verbindungen wie z .B. polychlorierte Biphenyle (PCB) und Dioxin in die Nahrungskette gelangen.

Nicht sachgemäße Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln im Sommer kann den Befall mit Salmonellen oder Campylobacter begünstigen. Wärmere Meere gehen einher mit einem verstärkten Algenwachstum. Deren Toxine können über Speisefische in die  Nahrungskette des Menschen gelangen. Cyanobakterien aus der Ostsee können bei Menschen Magen-Darm-Erkrankungen hervorrufen.

Der Befall von Kulturpflanzen mit Schimmelpilzen nimmt zu. Deren Gifte, sogenannte Mykotoxine, können beim Verzehr direkt oder indirekt über Fleisch in den Menschen gelangen. Wichtige Pilzgattungen, die für den Menschen schädliche Toxine produzieren, sind z. B. Aspergillus flavus (Aflatoxin), Penicillium und Fusarium im Mais.

Nichtinfektiöse Krankheiten

Bei Hitzewellen nimmt die Anzahl von Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen zu. In der Folge steigt die Sterblichkeit insbesondere bei alten und kranken Menschen.

Trifft heiße Witterung auf lokale Luftverschmutzung, steigt auch das Risiko damit verbundener Atemwegserkrankungen, verursacht durch Aerosole bzw. Feinstaub, die bei Verbrennungsprozessen in Industrie und Wirtschaft, im Verkehr und in den Privathaushalten entstehen. Erhöhte Feinstaubkonzentrationen treten hauptsächlich bei Inversionswetterlagen auf. Dabei ist die Konzentration besonders hoch, wenn Inversionswetterlagen länger anhalten und es keinen Niederschlag gibt. Im Winter verschärfen die Feinstaubemissionen aus den Feuerungsanlagen der privaten Haushalte das Problem weiter. Feinstaubteilchen können über die Lungenbläschen bis in die Blutbahn gelangen und akute und mögliche chronische Schäden verursachen. Sie haben Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, können Entzündungen und zusammen mit Pollen allergische Reaktionen an Augen, Nase und Bronchien auslösen. Zu den Risikogruppen gehören mit Asthma oder chronischen Lungenleiden vorbelastete Menschen. In städtischen Lebensräumen ist die Problematik größer als auf dem Land, weil in den Ballungsgebieten Allergene in Kombination mit Feinstaubpartikeln auftreten.

Ähnliches Schadenspotential hat Ozon, das bei hohen Lufttemperaturen und Sonnenstrahlung aus Stickoxiden aus dem Verkehrsbereich gebildet wird und über weite Strecken in Reinluftgebiete verfrachtet werden kann. Hohe Ozonwerte in der Luft stellen insbesondere für Asthmakranke eine Gefährdung dar. In Deutschland sind 10% - 15% der Bevölkerung von hohen oder geringen, dafür aber langanhaltenden Ozonbelastungen betroffen.

Sonnenstrahlung beinhaltet immer auch einen UV-Anteil. Der ultraviolette Anteil des Lichts verursacht Haut- und Augenerkrankungen. Es ist also eine Zunahme von Hautkrebs und Bindehautentzündungen zu erwarten. Die UV-Exposition steuert den Vitamin-D-Spiegel. Zuwenig UV-Licht, in der Folge wenig Vitamin D kann ebenfalls die Gesundheit beeinträchtigen und Herzinfarkte begünstigen.

Längere Vegetationsperioden im milden Klima begünstigen Flugzeit und Konzentration von Pollen. Es ist demnach mit einer Zunahme von Allergien zu rechnen. Durch Pollen verursachte allergische Erkrankungen treten sehr häufig auf und sind schon heute in Europa die Nr. 1 unter den medizinischen Erkrankungen. Sie nehmen weiter zu und bereits jedes dritte Kind ist betroffen. Die empfindlichsten Bevölkerungsgruppen sind kleine Kinder, ältere Menschen und Menschen mit einer chronischen Atemwegserkrankung.

Mit dem Klimawandel breitet sich auch Ambrosia aus, ein Neophyt mit hochallergenen Pollen, die Heuschnupfen und Asthma auslösen können. Ambrosia gehört zu den 100 invasiven Arten mit den schwersten Auswirkungen in Europa.

Wärmeliebende Insekten können ebenfalls Risiken für die menschliche Gesundheit bedeuten. Ein Beispiel dafür ist der Eichenprozessionsspinner, dessen mit einem Eiweißgift gefüllte Brennhaare vom Wind transportiert und vom Menschen eingeatmet werden können. Ein Kontakt mit den oftmals mehrere Jahre alten Haaren kann Reizungen der Haut und der Schleimhäute oder gar allergische Schocks verursachen. Als weitere thermophile Insekten mit Schadpotential für den Menschen sind Kiefernprozessionsspinner, Schwammspinner, Birkenwollafter und der Goldafter zu nennen.

Es gibt Hinweise darauf, dass an Gewittertagen die Konzentration an Pilzsporen in der Luft ansteigt. Da diese mit Allergien und Asthma in Verbindung gebracht werden, könnte der Klimawandel auch hierdurch die Gesundheit zumindest indirekt beeinträchtigen.

Informieren und überwachen

Mit Blick auf neu auftretende, eingeschleppte Krankheitserreger müssen Verwaltung und Forschung noch besser zusammenarbeiten und gemeinsam vorsorgen. Bestehende Überwachungssysteme müssen verbessert und das Verhalten und die Ausbreitung von klimasensitive Krankheitserreger oder deren Überträger erforscht werden. Bund, Länder und Kommunen sollten die Allgemeinbevölkerung und dabei insbesondere Menschen aus den einzelnen Risikogruppen über die Möglichkeiten zur Anpassung informieren. Gleiches gilt auch für die Beschäftigten im Gesundheitssektor wie Ärzte, Pflegekräfte und Katastrophenschutzhelfer. Bestehende Frühwarnsysteme wie das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes mindern das Schadensrisiko für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen, darauf aufbauende Hitzeaktionspläne sind in der Entwicklung.

Beispiele für mögliche Auswirkungen des Klimawandels

Als Risikogruppen bei Hitzewellen gelten ältere Menschen, gesundheitlich vorbelastete Menschen, Kinder und Säuglinge sowie beruflich exponierte Menschen.

Auch Stürme, Überschwemmungen, Lawinen oder Erdrutsche können gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen.

Beispiele

Kälte

Hitze

Wind und Wasser

Beispiele für mögliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel

Hitze

UV-Strahlung

Allergische Erkrankungen / Pollen

Feinstaub

Ozon

Wind und Wasser

Referenzen

[1]   Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU, Hrsg.): Dem Klimawandel begegnen / Die deutsche Anpassungsstrategie, 2009, Berlin

[2]   Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel / Hintergrundpapier, o.O. u.J.

[3]   Deutscher Städtetag (Hrsg., 2011): Klimagerechte und energieeffiziente Stadtentwicklung, Positionspapier der Fachkommission Stadtentwicklungsplanung

[4]  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg., 2010): Konferenzbericht / Klimawandel, Extremwetterereignisse und Gesundheit / Climate Change, Extreme Weather Events and Public Health, Bonn

[5]  World Health Organization, Regional Office for Europe (Hrsg., 2011): Climate change, extreme weather events and public health - Meeting report, 29-30 November 2010, Bonn, Germany

[6]  World Health Organization Europe (Hrsg., 2009): Improving public health responses to extreme weather / heat-waves - EuroHEAT, Technical summary

[7]  Sperk, C.; Mücke, H.-G. (2009): Klimawandel und Gesundheit, Informations- und Überwachungssysteme in Deutschland, Ergebnisse der internetbasierten Studie zu
Anpassungsmaßnahmen an gesundheitliche Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland,  UMWELT & GESUNDHEIT,  Umweltbundesamt

[8]  Mehr Asthma-Attacken durch Klimawandel - Ozon, Feinstaub und Pollen lassen die Belastung steigen,

[9]  Klimawandel verschlimmert Lungenkrankheiten - Mehr Feinstaub und Allergieerreger durch Temperaturanstieg

[10]  Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Hrsg., 2012): Klimawandel in Baden-Württemberg, Fakten - Folgen - Perspektiven, Stuttgart

[11] http://www.welt.de/gesundheit/article125176203/Chikungunya-Fieber-naehert-sich-Deutschland.html

Weitere Informationen

Umweltbundesamt (Hrsg., 2008): Sommer ohne Sorgen, Umwelt und Sonne genießen - gesundheitliche Risiken vermeiden, Dessau
http://Www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3282.pdf

Deutsches Komitee Katastrophenvorsorge e.V. (DKKV, Hrsg., 2006): Hitze, Gefahren erkennen - Schäden vermeiden, Flyer, pdf [1]

APUG / Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit  [2]

Aktion Klimaplus / NRW-Klimakommunen der Zukunft [3]

Informationskampagne: Sonne - aber sicher [4]

3 Goldene Regeln für Betagte und Pflegebedürftige an Hitzetagen: Empfehlungen für Angehörige, Pflegepersonal, Ärzte und Ärztinnen zur Betreuung von älteren und pflegebedürftigen Menschen zu Hause oder in Heimen bei Hitzewellen[5]

Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes www.dwd.de

Umweltbundesamt (Hrsg., 2009): Gesundheitliche Anpassung an den Klimawandel, Ratgeber, Download hier

Umweltbundesamt (Hrsg., 2008): Klimawandel und Gesundheit, Informationen zu gesundheitlichen Auswirkungen sommerlicher Hitze und Hitzewellen und Tipps zum vorbeugenden Gesundheitsschutz, Ratgeber, Download hier

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