Biologische Vielfalt - Auswirkungen des Klimawandels

Aus KLIMASCOUT für Kommunen
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Klimawandel findet statt. Das läßt sich bei Tieren und Pflanzen bereits heute beobachten. Der Frühling kommt früher, meßbar z. B. am Beginn der Apfelblüte. Diese begann in den letzten Jahren in Baden-Württemberg 11 Tage früher als im Mittel der Jahre 1961 - 1990. Zugvögel kehren immer früher zurück. Pro Jahrzehnt etwa 3 - 5 Tage, dh sie überwintern nicht mehr so weit im Süden, statt südlich der Sahara vielleicht nur noch im Mittelmeerraum. Andere, die früher zwar wegzogen, aber nur kurze Strecken flogen, bleiben neuerdings im Winter ganz hier.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass Tiere und Pflanzen sich an durchschnittliche Temperaturerhöhungen von ca 1°C anpassen können. Bei darüberhinausgehenden Veränderungen der Lebensräume wandern Tier- und Pflanzenarten ab. Wir sollten diese Wanderungsbewegungen durch die Schaffung von Biotopverbundsystemen unterstützen. Bei geringer Erwärmung (bis 1°C) nimmt die Artenvielfalt zu. Der Bruterfolg bei Vögeln steigt, neue Arten wandern etwa aus dem Mittelmeerraum zu und werden bei uns heimisch. Beispiele dafür sind Bienen, Schmetterlinge, Vogelarten oder Pflanzen wie Hirse und Sardinen in der Nordsee. Unter den neu hier auftretenden Arten wurden jedoch auch solche beobachtet, die für den Menschen gefährliche Krankheitserreger übertragen können. Dazu gehören Tigermoskitos und Sandmücken. Mit der Temperatur steigt auch die Vermehrung von Schädlingen, Beispiele dafür sind der Borkenkäfer oder der auch für den Menschen gefährliche Eichenprozessionsspinner.

Bei Temperaturveränderungen von über 1°C dürfte die Artenvielfalt abnehmen. Kälte liebende Arten wie z. B. die Bachforelle sind dann bedroht. Bei Trockenperioden im Sommer werden Lebensräume mit hohem Wasserbedarf wie z.B. Moore geschädigt, was nicht nur riesige CO2-Mengen aus der organischen Substanz freisetzen würde, sondern auch sehr speziell angepaßte Pflanzenarten wie Torfmoose und Wollgräser in Mitleidenschaft ziehen könnte. Zu den Verlierern einer fortschreitenden Klimaerwärmung gehören auch montane Arten. Klimazonen verlagern sich weiter nach Norden und in größere Höhenlagen. Mittelgebirgsarten haben folglich kaum noch Ausweichmöglichkeiten nach oben oder in Regionen mit rauherem Klima. Entsprechendes gilt für die Küstenregionen, wo durch Überflutung und Erosion das Wattenmeer gefährdet ist.

Schätzungen besagen, dass 30% der in Deutschland lebenden Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sein könnten.

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In diese Richtung zielen zum einen die Nationalen Strategien zur biologischen Vielfalt und zur Nachhaltigkeit, zum anderen aber auch die Pläne der Kommission der Europäischen Union (EU) und des EU-Parlaments, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 zu stoppen. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat darüber hinaus konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, wie die
Agrobiodiversität, das heißt die biologische Vielfalt der Landwirtschaft, erhalten und nachhaltig genutzt werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Lebensräume verbinden

Viele Arten brauchen ausreichend Platz, um auf Dauer bestehen zu können. Zum einen schrumpft auf engem Raum die genetische Vielfalt innerhalb der Arten, weil die Lebensgemeinschaft einer Art nur klein sein kann und keine frischen Gene hinzukommen. Zum anderen müssen Tiere und Pflanzen ausweichen können, wenn sich die Bedingungen in einer Region für sie verschlechtern. Wer die Lebensräume einer Art, die Biotope, verbindet, trägt deshalb dazu bei, dass sich natürliche Systeme anpassen und stärken können. Die Einrichtung solcher Vernetzungen ist Sache der Bundesländer. Sie sollten hier sowohl eng mit Akteuren vor Ort als auch auf EU-Ebene zusammenarbeiten.

Nach wie vor werden aber immer noch weitere Flächen bebaut und natürliche Verbindungen von Biotopen gekappt. Siedlungs-, Infrastruktur- und Verkehrsplanungen müssen hier umsichtiger werden. Es gibt ein Forschungsprojekt, das ein Konzept erstellen soll, um die Vernetzung von Lebensräumen bei der Planung überregionaler Straßen besser zu berücksichtigen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Bundesumweltministeriums und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung beschäftigt sich damit, wie sich das umsetzen lässt. Geplant ist außerdem, in dieser Frage enger mit den Nachbarstaaten zu kooperieren.

Schutzgebiete weiterentwickeln

Bund und Länder sollten analysieren, wie das bestehende Schutzgebietssystem an die Anforderungen durch den Klimawandel angepasst werden kann. Das Schutzgebietssystem Natura 2000 bietet bereits Rückzugs- und Anpassungsräume an Land und im Meer als auch nutzungsfreie Gebiete und leistet somit einen wichtigen Beitrag, um negative Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt zu verringern.

Betroffene unterstützen

Was bedeutet der Klimawandel für Robben oder für die Lebensgemeinschaft der Moore? Bund und Länder sollten zusammen mit Forschungsinstitutionen und Verbänden dokumentieren, wie sich sowohl Klimaveränderungen als auch Anpassungsmaßnahmen auf Arten und Biotope auswirken. Daraus lässt sich dann belastbar ableiten, was getan werden kann und muss. Anschließend müssen Vorsorgeprogramme entwickelt werden. Auch wer Eingriffe bewerten und Ausgleichsmaßnahmen gestalten soll, benötigt derlei Daten.

Außerdem sollten bei stark durch den Klimawandel gefährdeten Arten und Biotopen andere Gefährdungsursachen so weit wie möglich reduziert werden.

Nachholbedarf besteht bei Artenschutzprogrammen für die Meere. Auch der von Überflutung bedrohte Küstenraum und die Flussmündungsregionen gehören in den Fokus der Aufmerksamkeit. Wohin und wie können Arten ausweichen – und wie kann ihnen dabei geholfen werden? Hier sind gemeinsame Entwicklungsstrategien des Naturschutzes und des Küstenschutzes notwendig, um Ausweichmöglichkeiten für Pflanzen und Tiere zu schaffen und zu schützen.

Beispiel Feuchtgebiete

Wenn die Sommer trockener werden und ganzjährig die Temperaturen steigen, geht es für die Lebensgemeinschaft der Feuchtgebiete ums Überleben – eine Herausforderung. Um die Belastungen zu mildern, gibt es bereits staatliche Förderprogramme. Sie zielen darauf ab, Feuchtgebiete zu regenerieren, Wasserbedingungen von Mooren zu stabilisieren und dafür zu sorgen, dass Grünland weniger entwässert wird. Darüber hinaus sollten Verbindungen von Seen erhalten oder wiederhergestellt und die Strukturvielfalt der Gewässer gefördert werden – etwa durch unterschiedliche Uferformen, Ufermaterialien und Uferbepflanzungen. Flussauen sollen wieder den regelmäßigen Wechsel von Überschwemmung und Trockenheit erleben.

Solche Maßnahmen gilt es vermehrt auszuführen. Dazu sollten Behörden für Naturschutz, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft eng zusammenarbeiten und die Landnutzer einbeziehen.

Koordiniert mit invasiven Arten umgehen

Bund und Länder sollten ein gemeinsames Vorgehen gegenüber fremden, invasiven Arten verabreden. Weil oft Probleme für die heimische Flora und Fauna entstehen, wenn fremde Arten einwandern oder eingeschleppt werden, sollten Nachbarstaaten frühzeitig warnen, wenn Arten auftauchen, die bisher unzureichend erfasst wurden. Außerdem sind Biotopverbunde möglichst so zu gestalten, dass sie den Neuankömmlingen nicht freie Bahn geben.

Naturschutz und erneuerbare Energien

Aus Biomasse lässt sich umweltfreundlich Strom und Wärme herstellen. Doch darf diese Form von Energieerzeugung nicht gegen Natur- und Artenschutz oder Agrarumweltprogramme
ausgespielt werden. Wer einen Standort für nachwachsende Rohstoffe sucht, sollte dabei auch den Schutz von Biotopen berücksichtigen.

Landschaftsplanung flexibel gestalten

Die Landschaftsplanung sollte berücksichtigen, dass der Klimawandel Natur und Landschaft verändern wird. Weil unklar ist, wie das genau aussieht, sollte der Weg in die Zukunft flexible Entwicklungsmöglichkeiten unterstützen, damit Umorientierungen möglich bleiben. Auch den Freiräumen in besiedelten Gebieten gebührt mehr Beachtung. Mit Instrumenten wie der kommunalen Landschaftsplanung sollte der Beitrag zum lokalen Klima von Natur und Freiräumen in Siedlungsbereichen stärker berücksichtigt werden. Das gilt auch, wenn Baulücken geschlossen werden und bei der Innenentwicklung von bestehenden Siedlungen.

Biologische Vielfalt in der Landwirtschaft

Auch die Landwirtschaft wird mit angemessenen Nutzungssystemen und -methoden dem Klimawandel Rechnung tragen. Bund und Länder haben allerdings darauf zu achten, dass auch die biologische Vielfalt der landwirtschaftlich genutzten Flächen dabei nicht unter die Räder kommt. Außerdem ist es sinnvoll, die landwirtschaftliche Produktion nicht isoliert verbessern zu wollen, sondern im Einklang mit Natur-, Boden-, Gewässer- und Klimaschutz. [1]

Beispiele für Auswirkungen des Klimawandels

Beispiele für mögliche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel

Referenzen

[1]   Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU, Hrsg.): Dem Klimawandel begegnen / Die deutsche Anpassungsstrategie, 2009, Berlin

[2]   Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel / Hintergrundpapier, o.O. u.J.

[3]   Deutscher Städtetag (Hrsg., 2011): Klimagerechte und energieeffiziente Stadtentwicklung, Positionspapier der Fachkommission Stadtentwicklungsplanung

[4]   Franck, Enke und Peithmann, Ortwin (2010): Regionalplanung und Klimaanpassung in Niedersachsen, E-Paper Nr. 9 der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover

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