Belastungen urbaner Räume

Aus KLIMASCOUT für Kommunen
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Bei der Analyse von Empfindlichkeiten eines Urbanen Gefüges werden sowohl die physikalische als auch die soziale und ökonomische Angreifbarkeit einbezogen.
 
Bei der Analyse von Empfindlichkeiten eines Urbanen Gefüges werden sowohl die physikalische als auch die soziale und ökonomische Angreifbarkeit einbezogen.
 
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Version vom 3. Mai 2012, 12:19 Uhr

Städte stehen mit dem Klimawandel in besonderem Maße in Zusammenhang. Zum einen sind sie als industrielle und zivilisatorische Ballungsräume Hauptemittenten von CO2, und zählen damit zu den wichtigsten Verursachern des Klimawandels. Zum anderen werden sie in vielerlei Hinsicht drastischer von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen und bedroht, als dünnbesiedelte ländliche Gebiete.

Neben den klimatischen Besonderheiten in Städten, stellen diese Gebiete auch eine Konzentration von Werten (Gebäuden, Gärten, Straßen, Fahrzeuge, Infrastruktur) dar. Ein durch klimatische Extremereignisse hervorgerufener Schaden fällt somit in der Stadt automatisch intensiver aus, als in dünn besiedelten Gebieten.

Hinzu kommt, dass sie für die menschliche Globalbevölkerung den wichtigsten Lebensraum darstellen. Derzeit leben 50% der Weltbevölkerung in Städten und die Tendenz ist steigend. Für 2050 werden bereits 70% der Menschen als städtisch sesshaft angenommen. (Vortrag Ulrike Weiland "Städte im Klimawandel")


Inhaltsverzeichnis

Besonderheiten von Stadtklima


Das städtische Lokalklima unterscheidet sich in einigen Aspekten stark vom Klima der ländlichen Umgebung.

Zum einen sind es die sehr dichte Bebauung, die ausgeprägte Versiegelung des Bodens und die eingeschränkte Vegetation, zum anderen die erhöhte Schadstoffemission und Abwärmeproduktion, die hier bedeutende Einflussgrößen darstellen (Wikipedia "Stadtklima").

Zu den deutlich erhöhten Emissionswerten in Ballungsräumen tragen nicht nur das überproportionale Verkehrsaufkommen und die hohe Dichte von Industrie- und Gewerbebetrieben sondern auch der stadttypisch häufige Hausbrand bei. Durch den Klimawandel werden die ungünstigen klimatischen Bedingungen in der Stadt verschärft, was sich auf Lebensqualität aber auch auf Infrastruktur und Wirtschaft auswirken kann ("Kommunen im Klimawandel-Wege zur Anpassung").

Die Hauptfolge des Klimawandels ist generell, aber vor allem in Hinblick auf städtische Strukturen, eine Veränderung im Wärmehaushalt. Die Tendenz zu höheren Durchschnittstemperaturen wird sich vermutlich am drastischsten in einer jährlichen Zunahme der Tage mit extremer Hitzebelastung äußern. Für urbane Räume ist in diesem Zusammenhang relevant, dass Gebäude und Infrastruktur zukünftig einer deutlich höheren thermisch-mechanischen Belastung ausgesetzt werden. Darüber hinaus werden vor allem bioklimatische Beeinträchtigungen erwartet.

Das thermische Wohlbefinden des Menschen wird außer von Temperatur auch von der Kombination aus Windgeschwindigkeit, Luftfeuchte und Strahlungshaushalt beeinflusst. All diese Faktoren sind mutmaßlich vom Klimawandel betroffen.

Auf der anderen Seite könnten steigende Temperaturen auch in einen geringeren Heizbedarf münden (BBSR Online Publikation 23/2009).

Wärmehaushalt

Plane Bebauungsgeometrien (Hauswände, Straßen, Flachdächer) stellen große Absorptionsflächen  für Sonneneinstrahlung dar. Baustoffe von Gebäuden und Straßen funktionieren als effiziente Wärmespeicher, die die Strahlungsenergie nur langsam wieder abgeben. Darüber hinaus  generieren verschiedenste städtische Prozesse ein bedeutendes Maß an Abwärme. Im Sommer wird so die Tageshitze in Städten akkumuliert, im Winter sorgt die Dichte der heizenden Haushalte für einen Temperaturanstieg im Vergleich zu locker oder nicht besiedelten Gebieten.

Das Zusammenwirken dieser Faktoren führt zu einer deutlichen Erhöhung der Durchschnittstemperatur in Städten gegenüber dem Umland, und es entstehen sogenannte Wärmeinseln.

Zu dieser wärmespeichernden Beschaffenheit der Stadtlandschaft, kommen ihre, typischer Weise verringerten, Abkühlungskapazitäten:

Die Bodenversiegelung führt zu schneller Ableitung von Niederschlagswasser  in die Kanalisation, so dass auch Kühlung durch Bodenverdunstung stark eingeschränkt ist. Vegetation, die mit Verdunstungsleistung Abkühlung verschafft, existiert nur bedingt.

ULRIKE WEILAND: Durch die erwarteten Temperatursteigerungen im Zuge des Klimawandels wird sich auch dieser Wärmeinseleffekt steigern, sodass Städte von den Temperaturtrends in stärkerem Maße betroffen sein werden als einige andere menschliche Siedlungsgebiete.

Hitzewellen und steigende Temperaturmaxima sowie vermehrt auftretende Tropennächte (Nächte nicht unter 20°C) werden in der Stadt besonders belastend. In Zusammenspiel mit baulich bedingter Einschränkung der Windgeschwindigkeit und hoher thermischer und solarer Strahlung ist die gefühlte Temperatur deutlich verschärft.

Die Negativen Auswirkungen dieser Umstände betreffen vor allem den Bereich Gesundheit. Besonders Alte und Kranke Menschen und kleine Kinder sind hier gefährdet. Im Hitzesommer 2003 starben ca. 7000 Menschen in Deutschland an den Folgen der überhöhten Temperaturen. Trends zu vermehrt auftretenden Hitzewellen werden, auch in Hinblick auf die derzeitigen demographischen Entwicklungen, zu einer erhöhten Mortalität führen.

Zudem leidet auch die Infrastruktur unter steigenden Temperaturen. Straßenbeläge werden weich und leichter beschädigt, Schienen können sich verziehen. Der Verkehrsfluss kann hierdurch behindert werden, was sowohl den einzelnen Verbraucher als auch Industrie und Gewerbe beeinträchtigt. Für diese ist auch der erhöhte Kühlbedarf und gegebenen Falls auch der damit verbundene Anstieg im Wasserverbrauch relevant.

Wasserhaushalt

Trockenheit

Die Verdunstung durch Grünland und Wald oder feuchte Böden fehlt in der Stadt beinahe völlig, und die Größe und Anzahl von Wasserflächen ist hier stark begrenzt. Dies führt zu einer generell geringeren Luftfeuchtigkeit im urbanen Raum und wirkt sich unmittelbar auf die Lebensqualität aus.

Im Zuge des Klimawandels findet nicht nur eine Zunahme der globalen Durchschnittstemperatur statt, sondern auch –für Deutschland- eine Niederschlagverschiebung. Es wird davon ausgegangen, dass die Sommer niederschlagsärmer und die Winter niederschlagsreicher werden.

Zukünftig trockeneren Sommern könnten den nachteiligen Luftfeuchte-Haushalt des Stadtklimas spürbar verschärfen.

Auch wird mit zunehmender Häufigkeit von Trockenperioden und Dürren gerechnet, worunter städtische Parkanlagen, Wälder und Pflanzungen zu leiden haben. Hier besteht erhöhter Bewässerungsbedarf der auch mit erhöhtem Energieverbrauch verbunden ist. Trockenheit kann besonders im Frühjahr, beim Einsetzen der Wachstumsperiode große Schäden am Stadtgrün hinterlassen, auch wenn sie nicht in Verbindung mit einem Hitzeereignis auftritt.

Weiterhin erhöht sich mit zunehmender Trockenheit auch die Brandgefahr, nicht nur in Wäldern sondern auch bei Hölzernen Bauelementen wie Dachstühlen etc. Und es kann zu Absinken des Grundwasserspiegels oder anderer Gewässerstände kommen. Was immer mit der Gefahr der Nährstoffanreicherung und Algenblüten gekoppelt ist.  Dies trifft besonders für die typischerweise kleinen Wasseranlagen in Städten zu.

Trockenere Sommer und Wasserverknappung können zu deutlich niedrigeren Flussständen führen. In manchen Teilen der Erde stellt dies eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung dar, darüber hinaus können Kraftwerkskühlung und Binnenschifffahrt hierdurch beeinträchtigt werden.  

Niederschläge

Auf der anderen Seite weisen Städte gegenüber dem Umland einen erhöhten Niederschlag (Häufigkeit und Dauer) auf, da Emissionen aus Industrie und Autoverkehr zu einer erhöhten Kondensationskeimkonzentration im Luftraum über städtischen Gebieten führt.

Die tendenziell ansteigenden Lufttemperaturen führen dazu, dass mehr Wasserdampf in den Luftmassen gespeichert werden kann. Darum gehen Forscher davon aus, dass es zukünftig generell zu häufigeren und stärkeren Niederschlägen kommt. Das ist in besonderem Maße über Städten der Fall.

Niederschlag, wie auch etwaige Hochwasser können aber in den urbanen Ballungsräumen nur eingeschränkt versickern, da ein Großteil der Fläche versiegelt ist. Starkregenereignisse führen hier zu häufigeren Überlastungen der Kanalisation, da die Rohrsysteme oft nicht auf kurzfristige, umfangreiche Wasserzufuhr von außen ausgelegt sind.

In der Folge werden Straßen und Plätze, Keller und tiefliegende bauliche Anlagen öfter von Überflutung betroffen sein, und entsprechende Materialschäden auftreten.

Vor allem in den milderen und niederschlagsreicheren Winter werden derartige Ereignisse zunehmen.

Die Verkehrsinfrastruktur kann von Niederschlagsereignissen stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Unter- und Überspülungen von Straßen, Unterführungen und Gleisen, kann Verkehrswege blockieren und Passagen mitunter lebensgefährlich machen. 

Der im Hinblick auf den herrschenden Klimawandel prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels kann sich unter Umständen zu einer Bedrohung für Küstenstädte entwickeln. An Flachküsten können Siedlungsraum und landwirtschaftliche Nutzflächen verloren gehen.

Wind

Die Windgeschwindigkeit in Stadtgebieten ist durch die hohe Bebauung im Mittel etwas reduziert, allerdings können sich an Gebäuden Luftwirbel und in Bebauungslücken Düseneffekte bilden, die in kleinräumig starke Böen münden.

Zusammen mit der erhöhten Schadstoffemission kann der eingeschränkte Luftaustausch als Folge verminderter Windgeschwindigkeit zu einer deutlichen Anreicherung toxischer Luftschadstoffe über Ballungsgebieten führen, und vor allem im Sommer die Bildung von Ozon begünstigen. Diese lufthygienischen Einschränkungen können gesundheitliche Beeinträchtigungen in der Bevölkerung hervorrufen.

In Bezug auf den Frischlufthaushalt von Städten sind außerdem die geographischen Gegebenheiten von Bedeutung. Nahegelegene Waldgebiete oder Feldfluren sind wichtige Kalt- und Frischluftentstehungsorte. Wenn sie über Luftleitbahnen mit dem Siedlungskörper verknüpft sind haben sie einen hohen Wert für die Durchlüftungssituation des Siedlungskerngebiets.

Um diese günstigen Einflüsse zu erhalten bedarf es in der Stadtplanung einer gründlichen Einbeziehung  der Strömungssituation.

Kaltluftströme verlaufen nicht immer parallel zur Hauptwindrichtung. Auch sind hier Größen wie Geschwindigkeit und vertikale Mächtigkeit des Kaltluftstroms ausschlaggebend.

Die Beeinflussung von Wind und Sturmmustern durch den Klimawandel ist noch nicht vollkommen verstanden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich Zugbahnen von Stürmen ändern und ihre Häufigkeit und Stärke zunehmen könnten. Vor allem in Zusammenhang mit Unwettern kommt es oft zu Starkwindböen, die bereits in der Vergangenheit immer wieder zu beträchtlichen Schadensfällen führten. Eine Häufung dieser Ereignisse führt zu einer Gefährdung von privatem und öffentlichem Eigentum. Herabstürzende Bäume Äste und umherwehende Gegenstände sind ein Risiko für die Bevölkerung. Vor allem der öffentliche Verkehr kann durch sturmbedingte Schäden an Oberleitungen beeinträchtigt werden.

Höhenlage und Nähe zu Gewässern oder Gebirgen haben darüber hinaus ebenfalls Einfluss auf das gesamte Siedlungsklima.

Ein Zusammenwirken negativer Auswirkungen des Klimawandels auf das Siedlungsklima kann die Schadenshöhe potenzieren. Hitzewellen gehen zum Beispiel oftmals mit Trockenheiten einher, was die Stresssituation für Stadtbepflanzung enorm steigert.

Nach Trockenstressperioden sind Baumbestände deutlich anfälliger für Windbruch, und ausgetrocknete Böden haben noch weniger Versickerungspotential im Falle eines Starkregenereignisses.


Besondere Betroffenheit urbaner Räume


Wie stark eine Kommune allerdings vom Klimawandel beeinträchtigt ist, hängt nicht nur von den Änderungen der klimatischen Faktoren ab. Wichtig ist in diesem Zusammenhang außerdem, welche Ressourcen zur Schadensbewältigung oder –vorbeugung zur Verfügung stehen, und vor allem in wieweit der politische Wille besteht, diese Ressourcen auch zu mobilisieren.  Darüber hinaus spielt natürlich auch die Empfindlichkeit des jeweiligen Systems eine Rolle. Das Zusammenwirken dieser Faktoren wird mit dem Begriff „Verwundbarkeit“ bzw. „Vulnerabilität“ beschrieben. Da aber vor allem der politische Faktor schlecht vorhersehbar ist, wird oftmals alternativ das Konzept der Betroffenheit genutzt, um die erwartete Beeinträchtigung eines Systems durch den Klimawandel zu beschreiben.  Es leitet sich aus der Empfindlichkeit und der Exposition eines Systems gegenüber den Wirkungen des Klimawandels ab.

Unter Exposition werden nicht nur die schleichenden Veränderungen klimatischer Größen gezählt sondern auch die Häufung von Extremwetterereignissen.

Bei der Analyse von Empfindlichkeiten eines Urbanen Gefüges werden sowohl die physikalische als auch die soziale und ökonomische Angreifbarkeit einbezogen.

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