Anpassungsstrategie Karlsruhe: Gewässer

Aus KLIMASCOUT für Kommunen
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Hochwasserschutz

Grundsätzlich werden die Hochwasserstrategien an die neuen Erkenntnisse angepasst. Deshalb erfordert der Klimawandel zwar bestimmte Änderungen und eine höhere Flexibilität, etwa bei der Bemessung technischer Anlagen, aber keine grundsätzlich andere Herangehensweise beim Hochwassermanagement. Baden-Würtemberg hat im Jahr 2003 in der Leitlinie "Hochwassergefahr und Strategien zur Schadensminderung" eine 3-Säulen-Strategie entwickelt, die auch Grundlage für den Hochwasserschutz in Karlsruhe ist. Dieser beinhaltet im Wesentlichen folgende Eckpunkte:

Technischer Hochwasserschutz:

Dämme, Deiche, Schutzmauern und moblile Wände, Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren, Hochwasserentlastung durch Flutmulden und Umflutkanäle

Hochwasser-Flächenmanagement:

Wasserrückhalt in der Fläche dirch Erhalt und Wiederherstellung von Retensionsräumen und versickerungsfähigen Böden.

Hochwasservorsorge:

Flächenvorsorge: Bewertung der Flächen bezüglich Hochwassergefahr, planerische und rechtliche Sicherung sowie Angepasste Nutzung der gefährdeten Flächen. Bauvorsorge: Anpassung der Bauweise und Ausrüstung von baulichen Anlagen/ Gebäuden

Verhaltensvorsorge: Rechtzeitinge Hochwasserwarnung und planvolles Handeln vor und während des Hochwassers, Erstellung von Alarm- und Einsatzplänen

Risikovorsorge: Finanzielle Vorsorge für den Schadensfall durch Rücklagen und Versicherungen

Zur Vermeidung von Hochwasserschäden in besiedelten Gebieten haben Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes nach wie vor höchste Priorität. Dennoch sollte dabei nicht übersehen werden, dass sie bei einem extremen Hochwasserereignis nur bis zu einer gewissen Grenze - dem angelegten Bemessungshochwasser - Schutz bieten können. Hochwasserschutzanlagen werden häufig so dimensioniert , dass sie vor einem "Jahrhunderthochwasser" schützen, das statistisch gesehen einmal in 100 Jahren vorkommt. Allerdings wird sich durch den Klimawandel die Eintrittswahrscheinlichkeit auch für solche extremen Hochwasserereignissse erhöhen. Deshalb haben sich die Bundesländer Bayern und Baden-Würtemberg dazu entschlosssen, den bisherigen Weg bei der Festlegung von Bemessungsabflüssen zu modifizieren und einnen s. g. "Lastfall Klimaänderung" einzuführen. Dies erfolgt durch einen Zuschlag zum Bemessungswert, d. h. einen Klimaänderungsfaktor, der bei der Planung von neuen Hochwasserschutzmaßnahmen zukünftig berücksichtigt werden muss. In Karlsruhe wird der "Lastfall Klimaänderung" bei der Wiederherstellung des 100-jährigen Hochwasserschutzes der Alb berücksichtigt. Für dieses Vorhaben gründeten die Sädte Ettlingen und Karlsruhe im Jahr 2002 eine Planungsgemeinschaft. 1983 waren die eingeleiteten Hochwasserrückhaltemaßnahmen für ein solches 100-jähriges Ereignis - mit einem Bemessungswert 71m³/ ausgelegt. Bereits 1999 erfolgte eine Anpassung des Bemessungswerts HQ 100  auf auf 92 m³/ s. 1988 und 2002 lagen die Hochwasserwerte mit 96 und 97 m³/ s sogar noch darüber. Legt man den entsprechenden Faktor von 1,15 zugrunde, beträgt das neue HQ 100 für die Alb 111 m³/ s.

In einem ersten Schritt wurde im Rahmen einer Machbarkeitsstudie verschiedene Möglichkeiten zur Ableitung bzw. Rückhaltung eines Extremhochwassers untersucht. Als zweckmäßigste Lösung hat sich dabei der Bau eines Rückhaltebeckens im Albtal herausgestellt. Gemäß den Ergebnissen des Scolpingtermins vom Januar 2008 wurden in der sich anschließenden Umweltverträglichkeitsstudie mehrere Varianten untersucht und bewertet. Die Entscheidung für die auszuführende Lösung (Vorzugsvariante) steht noch aus.

Insgesamt stehen neben den genannten per Rechtsverordnung festgesetzten Überschwemmungsgebieten für Albhochwasser innerhalb des Stadtgebiets noch sieben Hochwasserrückhaltebecken mit einem Rückhaltevolumen von ca. 2,3 Mio. m³ zur Verfügung. Besondere Beachtung fand in den letzten Jahren die starkregenbeeinflussten Abflüsse kleinerer Bäche aus den Höhenstadtteilen. Hier konnte eine bestehene "Lücke" dür den Dürrbach zwischen Stupferich und Durlach mit der Einrichtung des Hochwasserrückhaltebeckens "Am Ritttner" (2010) geschlossen werden.

Hochwasser-Flächenmanagement

Bei der Umsetzung des Intergrierten Rheinprogramms des Landes (IRP) soll der 200-jährliche Hochwasserschutz für den Rheinabschnitt Karlsruhe durch den Bau von Retentionsräumen südlich von Iffezheim wieder hergestellt werden. Durch die Fertigstellung bzw. Einweihung des Polders Söllingen/ Greffeern im Jahr 2005 hat sich die Sicherheit für Karlsruhe auf ein 120-jähriges Hochwasser erhöht. Nach derzeitiger Planung des Landes kann mit einer Fertigstellung der ausstehenden Polder bis zum Jahr 2018 gerecht werden.

Auch bei Karlsruhe soll mit dem Hochwasserrückhalteraum Bellenkopf/ Rappenwört ein gesteuerter Polder eingerichtet werden, der nicht zuletzt für die Unteranlieger am Rhein (u. a. Mannheim) zentrale Bedeutung hat. Der geplante Retentionsraum erstreckt sich vor Rheinstetten-Neuburgweier im Süden bis zum Rheindampfkraftwerk auf Karlsruher Gemarkung und wird mit einer Flächer von 510 ha ein Rückhaltevolumen von 14 Mio. m³ beinhalten. Das Regierungspräsidium hat im April 2011 beim Landratsamt Karlsruhe den Antrag auf Planfeststellung für den Bau und Betrieb des Polders gestellt. Aktuell läuft das Planfeststellungsverfahren.

Hochwasservorsorge

Im Rahmen der Europäischen Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) werden in ganz Baden-Würtemberg bis 2015 als Gemeinschaftsprojekt zwischen Land und Kommunen Hochwassergefahrenkarten für alle relevanten Gewässer erarbeitet. Die Karten zeigen Überflutungsflächen für verschiede Jährlichkeiten (10-, 50-, 100-jähriges Ereignis sowie Extremereignis) und die Überflutungstiefe  bei einem 100-jährigen Ereignis (HQ100 ) an.  Die bei einem 100-jährlichen Hochwasser überschwemmten bzw. durchflossenen Bereiche gelten mit der Veröffentlichung der Karten als Überschwemmungsgebiet oder als hochwassergefährdetes Gebiet im Innenbereich und sind damit verbindlich

Für Eigentümer von Grundstücken, die nach den Gefahrenkarten in gesetzlichen Überschwemmungsflächen liegen, können sich daraus beispielsweise Einschränkungen bei der Nutzung der Grundstücke ergeben. Diese können vom Bauverbot bis hin zur Untersagung des Umbruchs von Grünland reichen. Den Kommunen ist die Ausweisung von neuen Baugebieten in diesen Bereichen untersagt bzw. nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Ebenso sind die Ergebnisse der Kartierung bei der Erstellung und Überarbeitung kommunaler Alarm- und Einsatzpläne (Auslöseschwellen) zu berücksichtigen. Außerdem soll die Veröffentlichung der Karten dazu beitragen, betroffene Gründstückseigentümer für das Thema zu sensibilisieren.

Die Stadt Karlsruhe ist Mitglied in der Hochwasserpartnerschaft Nördlicher Oberrhein, einem Zusammenschluss von Kommunen, Fachverwaltungen und Institutionen innerhalb dieses Einzugsgebietes. Nach mehrjähriger Vorlaufzeit liegen die Hochwassergefahrenkarten für den nördlichen Oberrhein (Teil Rheinebene) seit kurzem in der endabgestimmten Form vor. Das Regierungspräsidium hat die Karten Ende Januar 2013 an die in der Hochwasserpartnerschaft zusammengeschlossenen Stadt- und Landkreise sowie Städte und Gemeinden übergeben.

Anpassung an Niedrigwasser

Die Anpassungsmöglichkeiten an Niedrigwassersituationen sind im Gegensatz zum Hochwasserrisikomanagement deutlich beschränkter. Unterschieden werden dabei zwischen einer Niederigwasser-Vorsorge und dem Niedrigwasser-Management im akuten Fall.

Mögliche Vorkehrungen sind Maßnahmen zur Grundwasserneubildung oder zur Verbesserung des natürlichen Wasserrückhalts. Weitere Ansatzpunkte sind der Erhalt und die Schaffung naturnaher Gewässerstrukturen sowie die Verbesserung der Wassergüte, da dies der Gewässerfauna hilft, extreme Niedrigwassersituationen mit mit gleichzeitig hohen Temperaturen besser zu überstehen. Besonders an der Alb konnten hier in den letzten Jahren durch zahlreiche Renaturierungsprojekte deutliche Verbesserungen erzielt werden. Dazu gehören auch ergänzende Maßnahmen wie die Beseitigung von Sohlschwellen oder die Herstellung von "Rauhen Rampen". Mit der Fertigstellung der neuen Albschleuse nahe dem Rheinhafen im Jahr 2011 wurde nicht nur eine hydraulische Erweiterung zur sicheren Ableitung des Alb- und Klärwerksauslaufs erreicht, sondern auch ein letztes Fischaufstiegshindernis beseitigt und dadurch die ökologische Durchgängigkeit optimiert.

Wesentliche Voraussetzung für ein Niedrigwasser-Management sind ein kontinuierliches Monitoring der Gewässerabflüsse und die Vorhersage von Niedrigwasserständen und Wassertemperaturen. Über die Hochwasser-Vorhersage-Zentrale bei der LUBW besteht bereits seit einigen Jahren die Möglichkeit, auch Niedrigwasserstände mit einem Prognosezeitraum von 7 Tagen für landesweit rund 90 Pegel abzufragen. Das Land betreibt seit 2010 zudem ein operatives Wasserhaushalts- und Wärmemodell für den Rhein, das ebenfalls für sieben Tage Vorhersagen für Abfluss und Wassertemperatur einschließlich der von den Kraftwerksbetreibern prognostizierten Wärmeeinleitungen berücksichtigt.

Bei extremen Niedrigwasser kommen vor allem Nutzungseinschränkungen für die Kühlwasserentnahme und -einleitung von Kraftwerken und Industrieanlagen, um zu hohe, gewässerökologisch nicht vertretbare Wassertemperaturen zu vermeiden. Die entsprechenden Bestimmungen sind in den Wasserrechten enthalten und betreffen in Karlsruhe in erster Linie das Rheinhafendampfkraftwerk. Darüber hinaus sind auch Einschränkungen des Gemeingebrauchs denkbar, z. B. die Untersagung von Kanutouren auf Alb und Pfinz zur Vermeidung ökologischer Schäden bei sehr niedrigen Wasserständen.

Als weitere Möglichkeit können bestimmte Stützungsmaßnahmen erforderlich sein. So besteht etwa für den Neckar ein Sauerstoffreglement als gemeinsame Vereinbarung zischen Land, Kraftwerksbetreibern und großen Kläranlagen, das bei Unterschreiten kritischer Sauerstoffgehalte aktive Belüftungsmaßnahmen vorsieht.

Strategie

Oberste Priorität hat die Wiederherstellung des 100-jährigen Hochwaserschutzes an der Alb. Nach Abschluss der Umweltverträglichkeitsstudie und der Auswahl der Vorzugvariante steht als nächster Schritt das Planfeststellungsverfahren an.

Den Hochwassergefahrenkarten entsprechend werden landesweit Hochwasserrisikomanagementpläne für die verschiedenen Einzugsgebiete erstellt. In diesen ist festzuhalten, welche grundsätzlichen Maßmahmen geplant sind, um auf regionaler oder auch Landesebene die Risiken für bestimmte Objekte zu minimieren, die in überflutungsgefährdeten Gebieten liegen (z. B. Krankenhäuser, Industrieanlagen, Kultureinrichtungen). Hierbei geht es weniger um technische Maßnahmen sondern um den Bereich der Vorsorge. Bestandteil der Managementpläne sind Hochwasserrisikokarten mit kurzen Informationen für jedes Gelände. Darin werden die Nutzungen betroffener Einrichtungen flächenmäßiger bilanziert und gefährdete Objekte konkret ausgewiesen. Für die Planaufstellung im Einzugsgebiet Nördlicher Oberrhein läuft momentan unter der Regie des Regierungspräsidiums Karlsruhe eine Abfrage bei den lokalen Fachämtern zur Ermittlung bereits durchgeführter und geplanter Maßnahmen.




Referenzen

Stadt Karlsruhe, Umwelt- und Arbeitsschutz, (Hrsg., 2013): Anpassung an den Klimawandel Bestandsaufnahme und Strategie für die Stadt Karlsruhe,pdf

Weitere Informationen

Karlsruhe: Anpassung an den Klimaschutz

Ideen- und Kooperationsbörse zur Klimaanpassung

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