Anpassungsstrategie Karlsruhe: Gebäude

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Inhaltsverzeichnis

Anpassungsmöglichkeiten und bisherige Aktivitäten

Die Bauplanung und -ausführung in Deutschland beruht auf hohen Standards. Dabei gibt es für unterschiedliche Regionen und Standorte differenzierte Vorgaben, je nachdem, wie stark das Klima bestimmte Konstruktionen beansprucht. Die relevanten Normen und Richtlinien basieren derzeit weitgehend noch auf Klimadaten aus der Vergangenheit. Studien aus der Klimaforschung, etwa die Ergebnisse regionaler Klimamodelle, flossen bislang kaum in diese Regelwerke ein. Der Deutsche Wetterdienst arbeitet deshalb aktiv mit den zuständigen Gremien wie DIN und VDI zusammen, um neue Erkenntnisse zum Klimawandel bei künftigen Aktualisierungen mit einzubringen. Konkretes Beispiel: Als erstes Projekt wurde im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ein neuer Datensatz für die Simulation des thermischen Verhaltens von Gebäuden entwickelt. Diese Datensätze für ein "Referenzjahr"  werden von Architekten oder Ingenieuren genutzt, um Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen für Gebäude angemessen zu dimensionieren. Bei der Überarbeitung der Normen wurde nun erstmalig auch die mögliche Klimaentwicklung bis zum Jahr 2050 einbezogen und damit gewissermaßen ein "klimawandelfestes" Testreferenzjahr festgelegt. In den Normen zur Bemessung von gebäudebezogenen Entwässerungsanlagen sind bereits seit 2008 die Gefahren für vermehrt auftretende Starkregenfälle und entsprechende Zuschläge für die Berechnung von Regenwasserleitungen und Grundleitungen enthalten. Dies zeigt, dass den zu erwartenden Folgen des Klimawandels im Bauwesen Rechnung getragen wird.

Insgesamt sind die konkreten Anpassungsmöglichkeiten im Gebäudebereich sehr breit gefächert. So empfiehlt sich gegen steigende Temperaturen eine verbesserte Isolierung von Dächern und Wänden. Fassaden können mit reflektierenden Anstrichen und Beschichtungen versehen oder ebenso wie Dächer begrünt werden. Als Sonnenschutz dienen Rolläden, Jalousien, Markiesen etc.). Die Beschattung kann durch die Pflanzung von Bäumen erhöht werden. Es sollte intelligent gelüftet werden. U. a. sollte im Sommer nur früh morgens oder nachts gelüftet werden (Nachtauskühlung).

Gebäudekühlung kann durch Bauteilaktivierung und bei akuten Hitzewellen durch Raumklimageräte, -anlagen erreicht werden.

Als Schutz vor vermehrtem Starkregen hilft eine Erhöhung der Bauwerksdichtigkeit (Dach, Fenster, Türen etc.)  Die Schlagregenbeanspruchungsklassen müssen beachtet und die Bauweise (Vordächer, spritzwassergeschützte Sockelausbildung etc.) angepasst werden.  Neue Bemessungsgrundlagen für die (Not-)Entwässerung werden umgesetzt und eine Pufferung der Dachentwässerung durch Dachbegrünung erreicht. Gebäudebereiche unterhalb der Rückstauebene werden u. a. durch Rückstauklappen gesichert.

Ausreichende Entwässerung auf Flächen kann durch den Einsatz von Drainagen erreicht werden. In Hanglagen ist die Standfestigkeit von Fundamenten zu erhöhen.

Mehr Winterniederschläge bedeuten auch mehr Luftfeuchtigkeit. Dagegen empfiehlt sich die Verwendung feuchtigkeitsabweisender bzw. feuchtigkeitsresistenter Baustoffe und geeigneter Oberflächenschutz (z. B. durch Anstriche). Besondere Beachtung findet dabei der konstruktive Holzschutz und die Gewährleistung einer ausreichenden Belüftung im Gebäude zur Vermeidung von Schimmelpilzen.

Wegen der zu erwartenden höheren Schneemengen, sind gegenüber Schneelasten unkritische Dachgeometrien zu entwickeln und Rinnensituationen bei komplexen Dachkonstruktionen zu vermeiden.

Gegen Sturm und Hagel ist die Windfestigkeit von Dächern und Fassadenverkleidungen zu erhöhen. Außenanlagen sind verstärkt zu befestigen und technische Lösungen dafür anzuwenden (z. B. Windwächter bei Jalousien).  Durch das Anlegen von Windschutz (z. B. Bewuchs) kann ein zusätzlicher Schutz erreicht werden. Bei bestimmten Bauteilen soll auf eine hohe Schlag- und Bruchfestigkeit geachtet werden (z. B. bei Flachdächern und Lichtkuppeln).

Umsetzung in städtischen Gebäuden

Mit der Leitlinie "Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen" existiert innerhalb der Stadtverwaltung ein umfassendes Regelwerk, das neben "Leitzielen und allgemeinen Anforderungen" (Teil1) konkrete Vorgaben an die Baukonstruktion, technische Anlagen, Bauteile und Komponenten über alle Gewerke hinweg festlegt (Teil 2). Sie gilt sowohl für Neubauten als auch für alle anstehenden Sanierungsarbeiten im Bestand. Die Reduzierung sommerlicher Wärmebelastungen wird darin ausführlich behandelt, wobei eine konservative Klimatisierung nur in Ausnahmefällen zulässig und die erforderliche Kühlung möglichst mit anderen Maßnahmen zu gewährleisten ist. Die Energieleitlinie ist als fortschreibendes Arbeitsmittel konzipiert. Es ist also unkompliziert möglich, neue Erkenntnisse, etwa zur Anpassung an den Klimawandel, zu integrieren.

Auszüge aus der Leitlinie "Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen"

Sonnenschutzanlagen sind vorzugsweise außen anzubringen. Alle besonnten Fensterflächen erhalten einen hinterlüfteten, außen liegenden Sonnenschutz (Vorgaben für die Auslegung auf bestimmte Windlasten sind ebenfalls Bestandteil der Leitlinie).

Flachdächer sind grundsätzlich extensiv zu begrünen.  Bevor Klimatechnik eingebaut wird, sind zunächst alle baulichen Möglichkeiten (Verkleinerung der Glasflächen, Sonnenschutz, Anordnung von Speichermasse, Nachtlüftung) auszuschöpfen. Die Notwendigkeit der Kühlung muss mittels einer dynamischen Gebäudesimulation nachgewiesen werden.

Wenn Kühlung erforderlich wird, sind zunächst die technischen Möglichkeiten mit nächtlicher freier Kühlung und Verdunstungskühlung zu untersuchen und zu bilanzieren. Ebenso sind die Möglichkeiten einer Betonkernaktivierung zu prüfen. Wenn eine aktive Kühlung erforderlich ist und Fernwärme oder BHKW -Abwärme zur Verfügung stehen, sind die technischen Möglichkeiten und der Einsatz von Absorptionskälte auf Wirtschaftlichkeit zu prüfen und nachzuweisen. Der Kühlbetrieb ist nur zu ermöglichen, wenn in den entsprechenden Räumen der Sonnnenschutz aktiviert ist.

Geräte mit hoher Wärmelast (Kopierer, Server, Drucker usw.) sind möglichst zentral und außerhalb von Aufenthaltsräumen aufzustellen. Die Kühlung erfolgt möglichst am Gerät selbst, so dass nicht der gesamte Raum gekühlt werden muss. Beleuchtung und sonstige wärmeabgebende Geräte sind bei Kühlbetrieb soweit möglich abzuschalten.

Bei der Umsetzung von Maßnahmen im Bestand spielen drei Faktoren eine besondere Bedeutung: Das Wärmedämmvermögen der Fassade und Fenster einschließlich der Dachflächen, die Massivität also Wärmespeicherfähigkeit der Gebäudesubstanz sowie die örtlichen Möglichkeiten der Lüftung:

Wärmedämmvermögen der Gebäudehülle

Das bei vielen Gebäuden deutlich unter aktuellen Sollwerten liegende Wärmedämmvermögen der Gebäudehülle ist auch eine Schwachstelle beim sommerlichen Wärmeschutz. Eine besonders effektive und wirtschaftliche Form der Verstärkung ist die systematische Dämmung aller Decken zu nicht beheizten Dachräumen. Dadurch lassen sich neben Wärmeverlusten auch die Überhitzung von Räumen im obersten Geschoss deutlich reduzieren. Diese Maßnahmne wird bei städtischen Gebäuden seit einigen Jahren vor allem mit Mitteln aus dem verwaltungsinternen Klimafond verstärkt umgesetzt.

Wärmespeicherfähigkeit der Gebäude

Je nach Bauzeit der Gebäude variiert die typische Fähigkeit, Wärme in massiven Bauteilen zu speichern und damit äußere Temperaturschwankungen auszugleichen. Bei historischen Gebäuden ist dieses Vermögen größer als bei Häusern aus der Nachkriegszeit. Diese Fähigkeit ist im Bestand nur selten zu verbessern. Bei neuen Objekten ist die Nutzung von massiven Bauteilen und ggf. deren Einbindung in eine Bauteiltemperierung Teil der stadteigenen Qualitätsnorm für Planungen.

Lüftung

In der Regel werden Gebäude der Stadt Karlsruhe nicht durch mechanische Lüftungsanlagen oder Klimaanlagen thermisch geregelt. Ausnahmen bilden Teilbereiche, die insbesondere durch interne Wärmelasten wie zum Beispiel starke Raumbelegungen oder umfangreiche Technisierung belastet sind. Die überwiegend praktizierte händische Lüftung über Fenster ist gerade für den sommerlichen Wärmeschutz keine effektive Möglichkeit zur Reduktion der äußeren und inneren Wärmelasten. In der Regel besteht in einer gezielten Nachtauskühlung der Gebäude deshalb noch Potenzial zur Verringerung der  Wärmebelastung. Eine gleichzeitige Reduktion der technischen Wärmequellen durch Einsatz von weniger und effizienterer Technik im Innern hilft ebenso.

Zur Erkennung "hitzeanfälliger" Gebäude tragen teilweise ergänzende Temperaturmessungen bei: Im Rahmen des "EinSparProjekts" für Schulen hat das Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft (HGW) damit begonnen, an ausgewählten Schulen mittels Datenloggern automatisierte Temperaturmessungen in Klassenzimmern durchzuführen. Der Fokus liegt zwar auf den Energieverlusten im Winter durch das Lüftungsverhalten, die Messungen sollen aber auch Aufschluss zur Überhitzung von Klassenräumen im Sommer liefern.

Private Gebäude

Deutlich begrenzter sind die Einflussmöglichkeiten bei privaten Gebäuden. Abgesehen von entsprechenden Festsetzungen und Vorgaben im Bebauungsplan, mit denen im Neubaubereich eine gewisse Steuerung erreicht werden kann (z. B. Stellung der Gebäude, Gebäudeform, Dachbegrünung etc.) sind hier vor allem Information und Förderung geeignete Instrumente. Dies gilt vor allem für die energetische Sanierung , wo bereits zahlreiche Aktivitäten laufen.

Dazu zählen u. a. das Förderprogramm für private Modernisierungsmaßnahmen. Hierbei besteht in ausgewiesenen Sanierungsgebieten seit langen Jahren die Möglichkeit, energetische Verbesserungsmaßnahmen wie Dämmung und Fensteraustausch anteilig fördern zu lassen.  Das 2011 gestartete Bonusprogramm "Energetische Sanierung im privaten Altbaubereich" zielt vor allem auf die wärmetechnische Verbesserung der Gebäudehülle ab und bietet einen Zuschusss in Höhe von 10% der anfallenden Handwerkerkosten. Bestandteil der kostenlosen Energieberatung der Stadtwerke Karlsruhe sind auch die Themen Gebäudedämmung und energieeffiziente Klimatisierung. Mit dem Effizienz-Konvoi Waldstadt wird derzeit unter Regie der Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur (KEK) ein neuer Ansatz erprobt, um Hauseigentümer in einem Stadtteil möglichst auf breiter Linie anzusprechen und sie bei der Planung und Durchführung einer energetischen Gebäudesanierung zu unterstützen.

Referenzen

Stadt Karlsruhe, Umwelt- und Arbeitsschutz (Hrsg., 2013): Anpassung an den Klimawandel Bestandsaufnahme und Strategie für die Stadt Karlsruhe, pdf

Weitere Informationen

Karlsruhe: Anpassung an den Klimaschutz

Ideen- und Kooperationsbörse zur Klimaanpassung

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